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Zweifach beweibter Graf

Die Nachrichten über die Grablege des Grafen Wilhelm I. von Schwarzburg/Frankenhausen mit seinen beiden Ehefrauen in der Totengruft der Frankenhäuser Unterkirche sind zwar nicht so spektakulär wie die über die Sagen umwobene des Grafen von Gleichen im Erfurter Dom.
Von ihm behauptet ja die Sage, er sei durch päpstlichen Segen mit zwei Frauen zugleich verheiratet gewesen. Wahrscheinlicher ist jedoch, wie es bei dem Frankenhäuser Grafen zutraf, beide ehelichten die Zweite erst nach dem Tode der ersten.

Dennoch lohnt es, in den Annalen zu forschen, um etwas über das Geschick der hier im Tode vereinten Persönlichkeiten zu erfahren; insbesondere da heutzutage in der hiesigen Bevölkerung über die ehemaligen Landesherren, die Grafen und Fürsten aus dem Hause Schwarzburg, welche unser Gebiet von 1340 bis 1819 regierten, nur noch weniges bekannt ist.

Wilhelm I. ist der Einzige aus dem an sehr umfangreichen Besitzungen reichen Grafengeschlecht der Schwarzburger (dieses wurde 1697 in den Reichsfürstenstand erhoben), welcher sich in Frankenhausen nie-derlässt und dort bis zu seinem Tode residiert. Nach dem Ableben seines Vaters, des Stammvaters der Linien Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt, Günther XXIII. [XL.](40.), den man wegen seiner Besitzansprüche auch Günther mit dem fetten Maule oder den Reichen nannte, erhält er diese Residenz bei der Erbteilung zwischen sich und seinen drei Brüdern zugesprochen, und zwar mit der Herrschaft Frankenhausen und den Ämtern Straußberg, Heringen und Kelbra, später noch das Amt Schernberg. Allerdings fallen diese Einflussbereiche später, da er kinderlos stirbt, an seinen Bruder Albrecht VII. und die Söhne seines Bruders Johann Günther I.
Dies soll zur Genealogie der Schwarzburger an dieser Stelle genügen.

Interessanter ist schon die Persönlichkeit dieses Grafen, zumal er sich weitreichende Verdienste um die Stadt Frankenhausen erworben hat. Graf Wilhelm, welcher am 4. Oktober 1534 in Sondershausen geboren wird, scheint der begabteste der 4 Söhne gewesen zu sein. Er wird beizeiten durch Erzieher, u. a. Mag. Heinrich Molitor, zum Lernen angehalten und bezieht 1548 bereits mit 14 Jahren zusammen mit seinem Bruder Albrecht die Universität Erfurt, ab 1552 die zu Jena, nach dem Tode des Vaters besucht er die Universität Löwen (1553), später erweitert er, wieder gemeinsam mit seinem Bruder, in Padua (1554) seine Kenntnisse sowohl in der Philosophie wie im Besonderen auch der Jura.

Zur Grafenwürde gehörte jedoch gleichfalls eine militärische sowie diplomatische Bildung, die er sich in dem glänzenden Hoflager des Herzogs Wilhelm (Jülich-Kleve-Berg) erwirbt; von 1563-1565 steht er in dänischen Diensten und ficht 1566 mit gegen die Türken. Er hätte um den Preis eines Religionswechsels, sein Vater führte in all seinen Landen ja bereits die Reformation ein, im Reich hohe Ämter bekleiden können, allerdings hält er treu am Augsburgischen Bekenntnis (Bekenntnis zum Lutherischen Glauben), was ihm den Ehrennamen »der Beständige« einbringt. Dennoch bewegt er sich in elitären Kreisen, erlebt 1562 die Krönung Kaiser Maximilian II. (HRR) in Frankfurt mit und nimmt ab 1567 eine ansehnliche Stellung am kaiserlichen Hofe ein.

Dort lernt er seine spätere Ehefrau, die Hofdame der Kaiserin, Elisabeth von Schlick, kennen. Sie feiren 1570 ihre Vermählung in Schlackenwerda in Böhmen und reisen alsbald nach Frankenhausen. Graf Wilhelm hat beschlossen sich seiner ihm 1552 zugefallenen und während seiner Minderjährigkeit von seinen beiden älteren Brüdern verwalteten Lande zu widmen. Nachdem die in den ersten Jahren auftretenden Streitigkeiten durch Vermittlung gütlich beigelegt werden konnten, zieht er sich »mehr und mehr von dem Verkehr mit der großen Welt zurü, um ganz dem Wohle ſeiner aus den Ämtern Frankenhauſen, Heringen, Kelbra und Straußberg beſtehenden Herra zu leben2

Während seine Residenzstadt Frankenhausen ist, sucht er gern Entspannung und Kraft, ja Schutz, auf der in anmutiger Umgebung am Rande der Hainleite gelegenen Straußburg. Dort soll er am 30. September 1597 sein Leben im 64. Lebensjahre vollenden. Er stirbt wahrscheinlich an der Pest, der er ja eigentlich auf seiner geliebten Burg entfliehen zu können glaubt, umgeben von seinen engsten Hofbeamten und seiner zweiten Ehefrau Clara.

Graf Wilhelm, so berichtet die Chronik, ist ein sehr sorgsamer Landesherr gewesen, der in vorausschauender Weise viele Ordnungen und Bestimmungen zum Wohle seiner Untertanen auf den Weg bringt. Dies war zu seiner Zeit besonders dringend geboten, denn die Stadt Frankenhausen litt immer noch an den Folgen des Bauernkrieges und den dafür auferlegten Strafmaßnahmen.

Lange wirksam erweisen sich die für Frankenhausen erlassene neue Schützenordnung (1589), die Schulordnung von 1595 und die Einrichtung der V. Klasse am Lyzeum, die Hochzeits- und Tanzordnung von 1596 (eine solche erscheint uns heute allerdings nicht mehr nachvollziehbar) sowie die in jenen unruhigen Zeiten dringend gebotenen polizeilichen Maßregeln und Schutzmaßnahmen, u. a. für die Altstadt wichtige und vorteilhafte »statuarische Bestimmungen«.

Er hat es vermieden, seine Bürger mit ungebührlich hohen Diensten und Steuern zu belasten, hat in Notzeiten und bei Teuerungen »die Kornböden aufgetan« und daraus das Getreide zu bezahlbaren Zinsen ausgeborgt oder es preiswerter als auf dem Markt verkauft. Vor allem hat er soweit wie möglich, seine Untertanen persönlich angehört, an wichtigen Prozessen selbst teilgenommen, zumal er ja Jura studiert hat, oftmals Urteile gemildert, vor allem ist er gegen die Todesstrafe.

Von seinen Räten erwartet er einen vernünftigen, nicht einschüchternden Umgang mit den Menschen. Ordnung in seinem Staatshaushalt und äußerste Sparsamkeit ermöglichen ihm den Rückkauf der verpfändeten 2 Schlösser und Städte Heringen und Kelbra. Als äußerst frommer und gottesfürchtiger Mensch kümmert er sich sowohl um das Seelenheil wie um die Bildung seiner ihm anvertrauten Landeskinder. Er setzt konsequent die reine lutherische Lehre durch, was u. a. der calvinistische Superintendent Schlör zu spüren bekommt, der durch die Lutheraner Chäricus und Erasmus Rothmaler ersetzt wird.

Kirchenvisitationen, Prüfungen der Kirchen- und Schuldiener sollen die Schulbildung befördern. Seine Frömmigkeit zeigt sich nicht nur in eifrigen Kirchenbesuchen und Gebeten, sondern besonders in seiner Mildtätigkeit gegenüber armen Kindern, Studenten, Lehrlingen. Daher liegt es nur nahe, dass er sich für eine neue Frankenhäuser Kirche verwendet und großzügige Mittel dafür bereitstellt, denn die 400jährige Klosterkirche war baufällig und musste abgerissen werden.

Eine besondere Tragik liegt darin, dass die vollendete Kirche, für die er am 23. August 1596 den Grundstein legt, mit seiner Beisetzung im Jahre 1598 feierlich eingeweiht wird. Sein bleierner Sarg »ward in die 2 1/2 m lange und 2 1/5 m breite Gru neben der Gräfin Eliſabeth eingeſenkt, ſo daß na links hin no eine Stäe frei blieb.«1

Und nun sind wir bei dem Grafen mit den zwei Ehefrauen.
Seine erste aus Böhmen stammende Ehefrau Elisabeth von Schlick verstarb bereits am 23. November 1590 und ihr Sarg wurde am 3. Dezember in die Gruft unterhalb des Altarraumes der Unterkirche hinabgesenkt. Von ihr wissen wir nur aus der Leichenpredigt des damaligen Superintendenten Schlör, dass sie eine sehr fromme und tugendhafte Dame gewesen, sie in einem guten ehelichen Verhältnis mit dem Grafen gelebt und ebenso wie dieser die Straußburg besonders geliebt hat.

Den innigen Wunsch des Grafen nach einem Erbnachfolger konnte sie wie auch die zweite Frau leider nicht erfüllen. Letztgenannte, »Clara, geb. Herzogin zu Lüneburg, Herzog Wilhelms zu Lüneburg und Frau Dorothea, geb. Königin von Dänemark Toter,« 2 ehelicht Wilhelm am 6. Mai 1593 in Frankenhausen unter Anwesenheit vieler hoher Persönlichkeiten. Graf Wilhelm steht dabei im 59. Lebensjahr, während Clara ganze 22 Jahre jung ist, kein Wunder, dass sie ihn 60 Jahre überlebt. Obwohl sie am 18. Juli 1658 auf ihrem Witwensitz in Heringen verstirbt, wird sie ebenfalls in der Frankenhäuser Gruft beigesetzt.

Darüber vermeldet das

Todtenbu von 1637-1680,
Sterbeeintrag 1658, Seite 276 NB:
(nota bene: eingefügt) den 22. Oktober dieſes 1658. Jahr, iſt die durlautigſte hogeborene Fürſtin und Freifrau Clara geb. Herzogin zu Braunweig und Lüneburg gewiwetete Gräfin zu Swarzburg und Hohnſtein ahier zu Franenhauſen in der unteren Kiren in ihr Ruhekämmerlein (Gru) beigeſet worden. Und iſt in beiden Kiren zehen Thaler zur Läuten jeder Kirner ein Thaler zur Beerdigung, item fünf Een Flas und na denen 4 Woen von den warzen Tüern in der Unterkire herumb angemat geweſen, jedem au 17 1/2 Een gegeben worden.3

Allerdings blieb die Totenruhe nicht immer gewahrt, zwangsläufig stieß man sowohl bei den Umbauarbeiten im Jahre 1690 wie auch bei Reparaturbauarbeiten am 27. August 1886 auf diese Gruft. Man fand außer Skelettresten und Schädeln nicht nur den Degengriff des Grafen, sondern auch den vermutlichen Schmuck der Gräfin Elisabeth,

beſtehend aus einem breiten goldenen Keenarmbande, einem aus Perlen und goldenen Herzen gebildeten malen Armbande und den Reſten einer kunſtvo getriebenen Halskee, an weler jedenfas das dabei liegende mit weißen Edelſteinen beſete goldene Kreuz gehangen hat. 1

Die Schmuckgegenstände wurden dem Schwarzburger Fürstenhaus übergeben. Die Gruft mit den Särgen des Grafen und seinen beiden Frauen ist für die Öffentlichkeit nicht begehbar.

Quellennachweise

  1. Geschichte der Unterkirche zu Frankenhausen, Zur Erinnerung an den 17. October 1886, E. Schönau, Frankenhausen i. Thür., Druck und Verlag Emil Krebs
  2. Das Haus Kevemburg-Schwarzburg von seinem Ursprünge bis auf unsere Zeit, F. Apfelstedt, 1890, Sondershausen, Verlag von Friedr. Bertram's Hofbuchhandlung
  3. Die gute Gräfin Clara von Heringen an der Helme, Versuch eines Lebens- und Stadtbildes, Ines Canzler, 2000, Regionale-Verlag Auleben
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