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Spenden für Oberkirche

Ein historischer Rückblick

Artikel aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 4/2011

 Am 08. Oktober 2011 waren 100 Jahre vergangen, seitdem die Oberkirche, unter besonderer Berücksichtigung ihres Turmes, nach einer als Reparatur bezeichneten Baumaßnahme neu geweiht wurde. Das Besondere an dieser Baumaßnahme: sie wurde weitgehend aus Spenden finanziert. Aus heutiger Sicht ist es denkbar, dass der noch erhaltene Kirchturm dieses Jubiläum nicht erleben könnte. Daher ein Blick zurück auf eine ähnliche Situation, die letztlich gemeistert werden konnte.

In seinem Vermerk vom 01. April 1909, den er in Vorbereitung auf eine Sitzung des Stadtrates machte, fasste Oberbergermeister Martin Sternberg (1868-1937) seine Sichtweise auf die Oberkirche kurz und bündig zusammen:

Der baulie Zuſtand der Oberkire iſt ſo let, da ein vöiger Verfa dieſes größten, önſten und ehrwürdigſten Baudenkmals, das das ganze Stadtbild beherrt, eintreten mu, wenn nit ſofort eine gründlie Inſtandſeung des Gebäudes mit Turm vorgenommen wird.

Angefügt war eine Auflistung der Gelder, die seitens der Stadt von 1899 bis 1908 in das Bauwerk investiert wurden. Insgesamt 1.521,67 Mark. Für die angesprochene »gründliche Instandsetzung« fehlte der Stadt allerdings das Geld. Doch passieren sollte etwas. Und so wurde der Frankenhäuser Architekt und Baumeister, Carl Reichenbach, beauftragt, eine »Untersuchung« von Bauwerk und Örtlichkeit durchzuführen. Gleichzeitig wurde der »Landeskonservator für die Kunstdenkmäler« im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, Baurat Möhrenschlager in der Landeshauptstadt Rudolstadt, informiert und um Unterstützung gebeten.

Dieser ließ nicht lange auf sich warten und im Beisein von Vertretern des Stadtrates und der Kirchgemeinde wurde eine Besichtigung der Örtlichkeit durchgeführt. Ohne eine gründliche Untersuchung des Untergrundes berücksichtigen zu können, wurde durch Baurat Möhrenschlager und Architekt Reichenbach empfohlen, Turm und Kirchenschiff durch ein oder mehrere Strebepfeiler zu sichern, sowohl das Dach von Kirchenschiff und Turm »umzudecken« als auch Reparaturarbeiten an Mauerwerk, Tür- und Fenstergewänden durchzuführen.

Der Kostenvoranschlag sah Ausgaben in Höhe von 10.282,46 Mark vor, wobei Architekt Reichenbach zu Gunsten der Erhaltung des Bauwerkes auf einen Teil seines Honorars zu verzichten bereit war. Kaum lagen die Pläne vor, so entspann sich eine Diskussion über die Anzahl der Strebepfeiler. Während Architekt Reichenbach den zusätzlichen Strebe- und Stützpfeiler auf der Südseite des Kirchenschiffes und eine größere Höhe des Pfeilers auf der Ostseite des Turmes als notwendig erachtete, wurde beides aus Kostengründen ausgeklammert. Die Kosten waren natürlich das Hauptthema in- und außerhalb des Stadtrates.

Frankenhausens Stadtrat, in den zurückliegenden zwei Jahrhunderten Hauptgeldgeber für den Erhalt der Kirche, vermochte diesen Betrag innerhalb eines Haushaltsjahres nicht aufzubringen. Ebenso sah sich die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde außerstande, die Kosten auch nur annähernd zu tragen. Oberbürgermeister Sternberg und die Stadträte taten in dieser Situation das, was in den zurückliegenden Jahren immer getan wurde: sie wendeten sich an den Bankier und Ehrenbürger der Stadt, Wilhelm Schall (1828-1916).

Verdutzter Stadtrat

Obwohl ein Bewunderer der Leistungen von Carl Reichenbach, ließ sich Wilhelm Schall nicht davon überzeugen, eine Spende für eine umfassende Instandsetzung der Oberkirche zu geben. Ohne den Stadtrat auch nur zu fragen, autorisierte er am 12. Mai 1909 C. Reichenbach, die kostengünstigste Variante in Höhe von 8570,57 Mark umzusetzen. Das bedeutete den Verzicht auf zusätzliche Strebepfeiler am Kirchenschiff und die umfangreiche Ausbesserung des Mauerwerks. Allerdings erklärte er sich bereit, Kostenüberschreitungen bis in eine Höhe von 9.000,00 Mark tragen zu wollen. Dem verdutzten Stadtrat blieb nichts weiter übrig, als in einer Sondersitzung, am 13. Mai, W. Schalls Vorgehen und seine Anordnungen an den Architekten zu billigen.

Wesentlich schwerer tat sich in diesem Fall der kirchliche Vertreter. Kirchenrat Georg Friedrich Hesse (1845-1914) vermochte erst in einem Schreiben vom 21. Mai die notwendige Zustimmung des »Kirchen- und Schulvorstandes für die Schwarzburg-Rudolstädtische-Unterherrschaft Frankenhausen« zu signalisieren. Das war im letzten Moment, denn W. Schall hatte kategorisch angekündigt, seine Offerte lediglich bis zum 31. Mai 1909 aufrecht zu erhalten. Es ist dem alten Kirchenrat anzumerken, dass sich die Kirche hintenan gestellt fühlte.

 Unter Verweis auf das 1854 erlassene »Gesetz über die Errichtung der Kirchen- und Schulvorstände« im Fürstentum, suchte er die Entscheidungsbefugnis der Kirche zu betonen. Die Information der fürstlichen Landesregierung und damit der Dienstherren von Landeskonservator Möhrenschlager hielt er für nicht geboten. Letzterer hatte bereits zuvor betont, dass die überlegten Maßnahmen nicht ausreichen werden, die Oberkirche dauerhaft zu sichern. Zunächst blieb es jedoch dabei: allein der Spender bestimmte Herangehensweise und Abläufe. Da Wilhelm Schall nur einen, wenn auch beträchtlichen Teil aller Kosten übernahm, mussten sich alle am Erhalt der Oberkirche Interessierten nach weiteren Geldgebern umsehen.

Im Verlauf des Jahres 1909 führte Architekt Carl Reichenbach die von Wilhelm Schall »bewilligten« Bauarbeiten aus. Indessen gelangte das Gutachten über den Gesamtzustand der Oberkirche, dass der Landeskonservator, Baurat Möhrenschlager, verfasste, zu allgemeiner Verbreitung. Damit das altehrwürdige Gotteshaus sowohl aus denkmalpflegerischer Sicht als auch aus Sicht der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde wieder als ein solches anzusprechen sei, waren jedoch weitere bauerhaltende Maßnahmen in- und außerhalb der Kirche von Nöten.

Um die dafür erforderlichen Finanzmittel zu beschaffen, luden Oberbürgermeister Sternberg und Archidiakon Rössler für den 29. Oktober 1909 zu einer Interessentenversammlung ins Rathaus ein. Insgesamt 32 der Anwesenden schlossen sich zur »Vereinigung für die Erhaltung der Oberkirche« zusammen. Ihr wichtigstes Anliegen: das Sammeln von Spenden. Bereits am Abend dieser ersten Zusammenkunft kamen 507 Mark zu Gunsten der Oberkirche in den Spendenstrumpf.

Ein weiteres Ergebnis dieses Abends war die Abfassung eines eindringlichen Aufrufes an die Öffentlichkeit:

Nadem in den leten Jahrzehnten die Unter- und die Altſtädter Kirein einer der Weihe und Würde eines riſtlien Goeshauſes entſpreenden Weiſe wiederhergeſtet worden nd, iſt nun in dieſem Jahre au mit dem Ausbau der Oberkire begonnen worden. Dieſes alte, im Jahre 1382 erbaute Goeshaus bot on ſeit Jahren das Bild fortreitenden Verfas: Der Turm zeigte bedenklie Rie, und das Da war ſo adha, da der eindringende Regen die Deen durweite und ſelbſt an dem Holzgeſtühl im Siff der Kire ſein Zerſtörungswerk begann.

Es fehlten die Miel, die notwendigen umfangreien Ausbeerungen vorzunehmen, da die Kire kein Vermögen und keine Einküne hat. Die Stadt hat bisher für die unvermögende Kire eintreten müen und mue in den leten Jahren ſehr erheblie Aufwendungen für die Erhaltung der kirlien Gebäude maen. Dank der hoherzigen Spende eines Frankenhäuſer Bürgers konnte nun dur die Erritung von Strebepfeilern an der Oſt- und Südſeite und dur eine umfaende Erneuerung des Daſtuhles und der Bedaung der baulie Beſtand der Kire geert werden. …

Aber das Werk iſt erſt halb getan und harrt der Fortſeung und Voendung. …

Im Vertrauen auf die Liebe, mit der viele Frankenhäuſer gerade an dieſer Kire hängen, - ereint e do in ihrer Lage über der Stadt und den roten Däern, die  an e miegen, wie eine irmende Muer und bietet e mit ihrem önen ſtalien Turm den aus der Ferne Heimkehrenden den erſten Gruß aus der Heimat - wagen wir es, uns an ae kirli gennten Kreiſes unſerer Stadt zu wenden: Hel uns unſere Oberkire, das alte Wahrzeien unſerer Stadt, erhalten! Nakommende Geleter würden es uns nie verzeihen, wenn wir dieſes Goeshaus, das ſeit mehr als 500 Jahren unſer Stadtbild krönt, dem Untergang preisgeben würden.

Im Verlauf des Monats November erschien der Aufruf sowohl in der heimischen Presse, der »Frankenhäuser Zeitung«, als auch in verschiedenen überregionalen Zeitungen.

Allerdings, ganz ohne die »Vereinigung« auf eine rechtliche Grundlage zu stellen, ging es jedoch nicht. Dagegen sprachen allein schon die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vereinsbildung im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. Es bedurfte zumindest der Bestimmung eines Vorsitzenden und eines Schatzmeisters. Ersteres übernahm Archidiakonus Rößler, für letzteres schien Postdirektor Richard Lipski die geeignete Person zu sein. Schließlich beschränkte sich die Sammlung von Spenden schon damals nicht ausschließlich auf Frankenhausen. »Auswärtige Gönner«, seien sie ehemalige Frankenhäuser, Kurgäste oder einfach nur Spendenwillige, konnten ihre Zuwendung direkt über die Postdirektion an den Schatzmeister gelangen lassen. Über die kürzlich im deutschen Kaiserreich eingeführten Neuerungen im »Post-Überweisungs- und Scheckverkehr« hatte Postdirektor Lipski erst jüngst vor dem Frankenhäuser Publikum einen Vortrag gehalten und dadurch versucht, Ängste zu nehmen.

Hinsichtlich ihrer Mitglieder war die »Vereinigung« breitgefächert aufgestellt. Ob Knopfmacher, Postbote, Rentner, Lehrerin, Fabrikant, Berufspolitiker oder Pfarrer, in ihrer Zusammensetzung vermochte die Vereinigung weite Teile der Frankenhäuser Bevölkerung zu vertreten. Unter ihnen auch »Aushängeschilder« wie Ehrenbürger Geheimer Sanitätsrat Dr. med. Ernst Graef (1833-1922). Äußerst geschickt vermied die »Vereinigung«, bei der Veröffentlichung ihrer Mitglieder eine »Rangfolge« zu verwenden.

Die Auflistung erfolgte in alphabetischer Reihenfolge und betonte damit das Ansinnen, möglichst viele Menschen für das Vorhaben zu gewinnen. Die »Vereinigung für die Erhaltung der Oberkirche« beließ es jedoch nicht allein bei einem Spendenaufruf. Es wurde auch etwas geboten. Bereits am 04. November 1909 wurde ein musikalischer Abend mit Werken von Händel, Beethoven oder Mendelssohn veranstaltet. Die musikalischen Darbietungen übernahmen bei diesen Veranstaltungen die Mitglieder oder richtiger gesagt, die Mitgliederinnen selbst. Dadurch gelangten die Einnahmen generell in den Spendentopf der »Vereinigung«. Und - die Veranstaltung war völlig ausverkauft. Leider kennen wir nicht die Gesamthöhe aller Spenden. Dass sie keinesfalls unerheblich geblieben sind, belegen die fortgesetzten, umfangreichen Arbeiten vor allem im Innern der Kirche.

Es gab auch ganz private Initiativen. Rudolf Schröder, Inhaber der Gastwirtschaft »Frankenburg«, veröffentlichte im Juni 1909 eine geschichtliche Abhandlung zur Oberkirche. Zugleich schmückte er seine Lokalität mit Bildern der Oberkirche und anderen historischen Bauwerken, daneben die jeweilige Geschichte. Zum Mitnehmen gab's die Geschichten in handlich gedruckten Heftchen. Ein Teil der Einnahmen ging an die »Vereinigung«.

Trotz Einwänden – Schall leistete weitere Spende

Doch noch bevor die Spendenaktion so richtig auf Touren kommen konnte, meldete sich mit Wilhelm Schall, der Hauptsponsor, im Geschehen zurück. Auch ihm waren die gutachterlichen Einwände von Landeskonservator Möhrenschlager nicht verborgen geblieben. Insbesondere die herbe Kritik des Fachmannes an den Unterlassungen aus Kostengründen innerhalb der Gesamtbaumaßnahme. Einige Einwände schien der Bankier höchstpersönlich zu nehmen. Und so spendete W. Schall weitere 1.000 Mark. Allerdings nicht, ohne dieses Mal auch Oberbürgermeister Sternberg und den Stadtrat zu drängen, seitens der Stadt ebenso weitere Gelder für Reparaturmaßnahmen am Äußeren der Kirche bereit zu stellen. In dieser Hinsicht übte er auf Martin Sternberg einen nicht unerheblichen Druck aus. Denn Oberbürgermeister als auch Stadträte hatten noch andere, vor allem unterschiedliche Anliegen, deren Umsetzung nicht wenig Geld kosten sollte.

An erster Stelle stand hier das Ansinnen, auch den Hausmannsturm instand zu setzen. Die hierüber im Stadtrat geführten Auseinandersetzungen bekommen mit der Einbindung des »Allgemeinen Deutschen Burschenbundes« (A.D.B.) eine neue Richtung. Doch dies war es nicht allein, was die Frankenhäuser in diesem Jahr 1909 alles bewegte und für oder gegen ein Vorhaben/Bauwerk einnahmen.

Der Beginn der Baumaßnahmen an der Oberkirche lenkte den Blick zugleich auf ein angrenzendes, ruinöses Bauwerk, die Ober- oder Frankenburg. Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt erregte der Zustand des von den Einheimischen Hausmannsturm genannten Bauwerks die Gemüter. Schon unter dem Amtsvorgänger von Oberbürgermeister Sternberg, OB Arthur Rudolph Heuschkel (1859-1929, OB 1893 bis 1902), hatte es wiederholte Anläufe gegeben, die im Verfall begriffene Oberburg aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Nun sollte es keinen Aufschub und keine Ausflüchte, »es fehle das Geld«, mehr geben. Die Meinungsbildung im Stadtrat war schwankend und richtete sich des Öfteren nach der Stimmungslage in der Bevölkerung. OB Sternberg, dem die »Schieflage« des städtischen Haushalts mehr als bewusst war, suchte nach einem kostengünstigen Weg »zum Wiederaufbau der Frankenburg«. Er fand ihn in Form des Allgemeinen Deutschen Burschenbundes, kurz ADB genannt. Der ADB, dessen Geschichte hier nicht wiedergegeben werden soll, setzte sich aus mehr als 40 Burschenschaften aus ganz Deutschland zusammen.

Zeitweilig besaß er mehr als 1.500 Mitglieder. Zwei Jahre nach Fertigstellung des »Kaiser-Wilhelm-Denkmals« 1896 auf dem Kyffhäuser erkoren die Mitglieder Frankenhausen als den Ort für ihr alljährliches Bundestreffen an Pfingsten. Nicht wenige Burschenschaften stammten aus der preußischen Heimat von OB Sternberg. Nach intensiven Gesprächen vermochte er den Bundesvorstand davon zu überzeugen, die Oberburg zum Mittelpunkt der Bundestreffen zu machen.

Anlässlich des 26. Bundestreffen, Pfingsten 1909, übernahm der ADB für die Dauer von 30 Jahren die Oberburg in seine Regie. Während die Frankenhäuser schlicht den Namen Hausmannsturm gebrauchten, sprachen die Burschenschaftler stets von der Frankenburg. Im Verlauf des Sommers erarbeitete der Baumeister des Bundes, Florian Kaiser, die Pläne zum Wiederaufbau. Diese sahen insgesamt 3 Bauphasen vor. In der ersten sollte das Dach und die östliche Giebelseite neu aufgebaut werden; Phase zwei sah den Einbau von Decken und eines Treppenhauses vor; Phase drei die Wiederherstellung des alten Turmaufbaues. Vom Stadtrat wurden die Pläne schnellstens abgesegnet.

Nach Beschlussfassung der Stadträte vermochte OB Sternberg noch ein eher persönliches Anliegen zu verkünden,

da das untere Geo der Burg vom A.D.B. der Stadt zur Erritung eines ſtädtien Muſeums überlaen werden ſo.

 

Damit hätte auch dieses, seit rund zwei Jahren debattierte Thema, vom Tisch kommen können. Doch bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges vermochte der ADB nicht alle Bauphasen komplett abzuschließen. Dies gelang erst in den Jahren 1930-1932. Zudem gedachten die Mitglieder des ADB, ihren im Krieg gefallenen 307 Bundesbrüdern in der Frankenburg eine würdige Gedenkstätte einzurichten. Und so kam es zur bekannten Tatsache, dass 1920 das Museum seine Heimstatt im Schloss erhielt. Zusammen mit dem Museum sollte das Archiv des ADB seinen Einzug in die Frankenburg halten. Zurzeit befindet sich das Archiv des ADB mit zahlreicher Hinterlassenschaft, vor allem einmaligen Fotos zu Frankenhausen, in Koblenz.

Im ADB hält sich heute noch die Überzeugung, Gustav Stresemann (1878-1929), dass vielleicht bekannteste Mitglied, habe seinerzeit den Mietvertrag vom 31. Mai 1909 über die Frankenburg mit OB Sternberg unterzeichnet. Doch nicht der anwesende, spätere Reichskanzler und Außenminister der Weimarer Republik, sondern Baumeister F. Kaiser, dessen Lebensdaten nicht überliefert sind, setzte seine Unterschrift unter den Vertrag. Fast jedes Jahr, bis 1933, wiederholte sich dann alljährlich zu Pfingsten ein Öffentliches Schauspiel auf dem Markt.

Der Bundesvorstand übergab dem jeweiligen Frankenhäuser Bürgermeister den symbolischen Mietzins in Gestalt von 500 Einpfennigstücken. Nicht jeder Frankenhäuser begleitete die Entscheidung des Stadtrates mit Wohlwollen. Gar mancher sah die Übertragung in fremde Hände mit gemischten Gefühlen: dürfen wir außer ins Museum auch auf den Turm; wie viele Tage in der Woche wird der Zugang gewährt? Diese und andere Fragen bewegten.

Paul Schröder, der »Kyffhäuser-Barde« und genialste Büttenredner seiner Zeit, verlieh den Fragenden Stimme. In dichterischer Freiheit ließ er den Burggeist der Oberburg erwachen und danach fragen, ob nicht auch die Frankenhäuser selbst das Unterfangen Wiederaufbau hätten bewerkstelligen können? Nun begann mit dem Hausmannsturm eine weitere Baumaßnahme im Umfeld der Oberkirche. Aber auch sie war nicht die einzige und schon gar nicht die erste bauliche Großaktion in der Oberstadt.

Wer von unseren Vorfahren hätte vor hundert Jahren daran gedacht, dass sich die Nachwelt heute mit der Thematik »demographischer Wandel« und Leerstand an Wohnraum beschäftigen muss. Hatte sich doch die Bevölkerungszahl Deutschlands von 1871 ca. 41 Millionen Einwohnern auf 1911 ca. 65 Mill. drastisch erhöht. Von den insgesamt 8 thüringischen Kleinstaaten teilte sich das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt zusammen mit dem Herzogtum Sachsen-Meiningen Platz 2 in der Statistik der Bevölkerungszunahme 1905-1910 hinter dem Großherzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach.

Nur Frankenhausens Einwohnerzahl stagnierte seit 1905 bei rund 6.500, lag damit jedoch nur um weniges niedriger als die der Schwarzburgischen Residenzstadt Sondershausen. Nicht dass ungenügend Nachwuchs zur Welt käme, nein, die Zunahme an Kurgästen und Studierenden am Technikum ließ den bezahlbaren Wohnraum knapp werden. Die Vermietung an Kurgäste oder Studierende war einträglicher als an Einheimische. Kurgäste blieben 2 Wochen bis 6 Monate, Studierende 2 1/2 bis 3 Jahre. Hatten Letztere Semesterpause, wurde zwischenzeitlich an Kurgäste vermietet. Und so zog es die nachwachsenden Generationen in die Ferne oder auf die umliegenden Dörfer.

Im Vergleich zur Gegenwart ein guter Schnitt: Eisenbahn- und/oder Postkutschenanbindung nach Frankenhausen; Fleischer, Bäcker, Getränkehändler, Schuster, Schneider und und und… vor Ort. Von der guten »Volksschulversorgung« einmal abgesehen, keine Rede von Schulschließung. Da wollten Frankenhausens Stadtväter energisch gegen steuern. Und so kam das Thema »Wohnungsnot« zu Beginn des Jahres 1909 auf die oberste Position der Tagesordnung. OB Sternberg machte das Ganze zur Chefsache und lud ein ums andere Mal zu eigenen Vorträgen darüber ein, wie dieses offensichtliche Problem gelöst werden könnte.

Die Lösung hieß Bebauungsplan. Allerdings nicht irgendeiner, sondern OB Sternberg seiner. Seitens des städtischen Bauamtes wurde ein erster Bebauungsplan für das Gebiet westlich der heutigen Kyffhäuserstraße, zwischen Flutgraben und Waldschlösschen in Auftrag gegeben. Es erfolgte eine deutschlandweite Ausschreibung. Insgesamt 54 Entwürfe gingen ein. Den ersten Platz belegte ein Mainzer Architekt, sein Entwurf hieß »Gartenstadt am Kyffhäuser« und nahm den Inhalt »Gartenstadt« äußerst ernst. Hinsichtlich der Bebauung dachte OB Sternberg zuerst an Bauherren mit mittlerem und hohem Einkommen. Dabei ging es weniger um einzelne Villen, sondern um Häuser mit großflächigen Wohnungen und mindestens 73 qm Grundfläche.

Dennoch, auch für Villen sollte genügend Platz sein. Wie genügend, zeigt sich an Haus Hoheneck. Hier ging dieses Mal Wilhelm Schalls Schwiegersohn voran, erwarb ein großes Terrain und ließ ab 1912 bauen. Architekt Muthesius und sein Frankenhäuser Schüler, Carl Reichenbach, durften sich hierbei so richtig »austoben«. Eines erinnert noch heute an die Bemühungen von Frankenhausens damaligem Stadtoberhaupt, die Sternbergstraße.

Nachdem der Bebauungsplan für den Ausbau der Stadt nach Westen auf den Weg gebracht war, widmete man sich dem gleichen Sachverhalt auf der Ostseite. Beginnend in der Lindenstraße wurde Bauland erschlossen. Dazu verwendete die Stadt die alte, stillgelegte Ziegelei des Fabrikanten Rehberg, die sich zu beiden Seiten entlang der heutigen Schachtstraße erstreckte. Bei dem gegenwärtigen Bauvorhaben der Volkssolidarität, den »Jahnschen Höfen«, kamen noch Überreste der ehemaligen Tonziegelfabrik zum Vorschein.

Zum damaligen Vorhaben erfolgte jedoch keine Ausschreibung. Entsprechend den Parzellierungen setzte der Stadtrat hier auf »Häuslebauer« mit geringem Einkommen. Größter Investor wurde der Turnverein 1856, der das größte Bauvorhaben initiierte, die Turnhalle in der später nach »Turnvater Jahn« benannten Straße. Zuerst wurde 1909 das Baugelände erworben, am 30. Juli 1911 nach den Plänen von Heinrich Reichenbach der erste Spatenstich getan und im Mai 1912 zur Einweihung geschritten. Umgesetzt wurde der Bau allein durch Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Zum markantesten Bauwerk neben Haus Hoheneck wurde auf der Westseite der Stadt der Neubau der Zigarrenfabrik Rabener & Becker, die ab 1927 zunächst Teil des Kyffhäuser-Technikums, dann der »Spezialschule für Landtechnik« wurde und heute Lehrgebäude der »Paracelsus-Schule« ist. Baubeginn war im November 1911, die endgültige Fertigstellung erfolgte 1913. Damit zog die 1867 gegründete Firma aus dem Gebäude der heutigen »Pension Toskana« in der Kurstraße an den unteren Bachweg.

Während heute die Nachfrage nach Plätzen in Altenpflegeheimen und dem »betreuten Wohnen« eher steigend ist, sah sich der Stadtrat damit 1909 in der Kostenfalle:

Bezügli des Marienſties, das mit nur 8 Inſaen beſet iſt, obwohl es 25-30 unterbringen kann und wodur der Stadt jeder Inſae auf 625 M bei 5.000 M Koſten zu ſtehen kommt, ſteht zu hoffen, daß die jet no vorhandene gewie Seu faen möge und mehr alte Leute um Aufnahme naſuen.

Anfragen nach einem Platz im Altenpflegeheim »Marienstift« kamen allerdings erst in den 20er Jahren des 20. Jh. in größerer Zahl. Seit einigen Jahren ein Großvorhaben war die Kanalisierung der gesamten Stadt. An den üblen Zuständen nahmen Gäste wie Einheimische gleichermaßen Anstoß:

Eine relie Straße iſt die Oberkirgae mit ihrer Verengung am unteren Ende, da täte wohl Kanaliſation ſehr nötig...
Tro Verbot der Polizeiverwaltung rieſeln hier die Ba lein, nit gefüt mit Roſenwaer, ſondern mit trüber, grüner Subſtanz luſtig herab. Von der »Alteburg« winken die kleinen, aber jet do meiſt neen Häusen troig hernieder, als ob e ſagen woten: ›Laßt uns nur in Ruhe, wir ſtehen no lange gut!‹...
Jedo nur wenige Fuß weiter und wieder kommen von zwei Seiten die ›duenden‹ Goen gequoen und treiben mit Smu, Snee und Eiswaer zum Berge hinab...
Dieſe Straße (Neumarkt) iſt im großen Ganzen leidli paerbar, au hier herrte abſolute Sonntagsruhe. War der Weg bis an die ›Kirtreppe‹ gut, ſo ging aber da, wo er unmielbar na der Frauenſtraße abbiegt, die Gefahr des Ausgleitens los. Es mag wohl auf dieſer Stee maner Wanderer die Erde gekü haben, au hier quoen von drei Seiten die ›Parfümerien‹ wieder zuſammen und längelten  im trägen Lauf den unteren Regionen zu.

Die Schilderungen des Sonntagsspaziergängers und Zigarrenhändlers Wilhelm Probst im Februar 1909 stehen beispielhaft für »nette« Beschreibungen in dieser Hinsicht. Dabei hatte sich innerhalb der Stadt in den letzten Jahren einiges getan.

Der offene Kanal durch die Kräme war bis zum Markt bereits geschlossen worden. Einmal dabei bekamen der Markt und angrenzende Gassen ein neues Pflaster. Gegenüber dem Stadtrat musste OB Sternberg allerdings einräumen, dass Letzteres den geplanten Kostenrahmen gesprengt hatte und auch den Haushalt 1909/10 beeinflussen würde. Die Kämmerei bekam die Aufgabe, eine Anleihe in Höhe von 35.000 Mark (= 8 % des Stadthaushaltes) zu einem günstigen Zinssatz ausfindig zu machen.

Der Schuldenstand der Stadt erreichte im Frühjahr 1910 die Höhe von 1.265.832,00 Mark oder 192,78 M pro Kopf an Einwohnern. Selbst seine eigene Fraktion, die Bürgervereinigung, benötigte eine außerordentliche Zusammenkunft, um das Ganze zu verarbeiten.

Obwohl die Ausgaben für Kanalisation und Straßenbau Rekordhöhen erreichten, scheinen keineswegs alle Seiten zufriedengestellt worden zu sein. Zwanzig Jahre nach ihrer Eingemeindung, zum 01.01. 1890, nach Frankenhausen, monierten die Altstädter mangelndes Engagement für ihren Stadtteil. Die Vorwürfe wogen heftig und OB Sternberg war die Erregung in seiner öffentlichen Stellungnahme im Mai 1910 anzumerken:

Ebenſo hat die Entwäerung der Altſtadt für dieſen Stadtteil ganz hervorragende geſundheitlie und wirtalie Vorteile gebrat, und dafür müen die Altſtädter au dankbar ſein. Der Straßenausbau in der Altſtadt iſt begonnen und wird zu Ende geführt werden, denn halbe Arbeit wird der Stadtrat nit maen.

Die Altſtädter müen in dankbarer Anerkennung des on geleiſteten aber etwas mehr Geduld haben. Erfreuli iſt es ja, da die Mehrzahl der Altſtädter die großen Vorteile der Kanalanlagen und des Straßenausbaus dankbar anerkennen, denen ſoten  aber ae anließen.

Im Verlauf des Jahres kehrte wieder Ruhe ein, insbesondere weil die fürstlichen Behörden in Rudolstadt sich einer Wiederherstellung der Selbständigkeit der Altstadt versagten.

Die umfangreichen Planungen zur Erweiterung der Stadt Frankenhausen brachten es mit sich, dass über die Einführung einer Verordnung zur Anbringung von Hausnummern entschieden werden musste. Bislang gab es eine unendliche Zahl an Nummerierungen, bis hin zu jeder Untervermietung eines Zimmers. Nunmehr erhielt jedes Haus eine einzige Nummer. Eigentlich sollten die Hauseigentümer die Kosten für Anschaffung und Anbringung selbst tragen. Doch zum Entsetzen der fürstlichen Finanzbehörde machten die beiden Stadtratsfraktionen samt Bürgermeister den Bürgern ein »Geschenk«.

Ein städtischer Mitarbeiter des Bauhofs lieferte die vergebene Hausnummer und brachte sie persönlich an der gewünschten Stelle an. Fast alle der damals vergebenen Nummern besitzen heute noch ihre Gültigkeit. Ebenso bestand nun die allgemeine Verpflichtung, jede Straße ein- und ausgangs mit einem Straßennamenschild zu versehen.

Vielleicht hat sich heutzutage manch Grundstücksbesitzer gewundert, dass sein Grundbuchauszug Gegebenheiten enthält, die er lieber nicht drin stehen hätte. Eine der Ursachen ist im Jahre 1909 zu suchen. Seitens des fürstlichen Katasteramtes wurde zur Neuanlegung eines Grundbuches in Stadt und Flur Frankenhausen geschritten. Alle Grundstücksbesitzer waren aufgefordert, bestehende Bedenken gegen das Vorgehen der fürstlichen Beamten persönlich vorzubringen. Wer dies »verschlief«, hatte so manches Unvorhergesehene, z. B. ein Stück Stadtmauer, in den Grundbüchern zu gewärtigen.

Trotz aller Defizite, die der neue Stadthaushalt 1909/10 in Höhe von rund 400.000 M zu tragen hatte, wurden in Anbetracht der höher veranschlagten Ausgaben für die Erhaltung des altehrwürdigen Bauwerks Oberkirche zusätzliche Mittel für das Kirchenwesen eingestellt, die nunmehr rund 1,5% des Gesamthaushaltes ausmachten. Mit diesen Geldern sollte die Kirchgemeinde in der Bewirtschaftung der anderen Kirchen entlastet werden.

In Anbetracht der Einrichtung eines Heimatmuseums im Hausmannsturm wurde die Haushaltsstelle Ankauf von Altertümern eingeführt und mit einer Mitteleinstellung untersetzt.

Weitgehend alle Unterfangen hatten ein wesentliches Ziel, die Anhebung des Kurstadtflairs. Dem wurde so einiges untergeordnet. Seitens der Stadt bestand zu diesem Zweck seit dem 17. Oktober 1895 der Verkehrsverein Solbad Frankenhausen, nach heutigen Gesichtspunkten einem Tourismusverband vergleichbar. Ins Leben gerufen hatte ihn einst OB Heuschkel. Den Vorsitz führte jeweils der amtierende Oberbürgermeister, übergangsweise auch sein Stellvertreter. Gegenwärtig, 1909, versuchten die Mitglieder, die Erfordernisse eines modernen Kur- und Badeortes mit der bestehenden Wohnungsnot in Einklang zu bringen. Finanzielle Engpässe brachten es mit sich, dass weniger Geld für Werbung, sprich Prospekte zur Verfügung stand. Dennoch wurden rund 1.000 Stück der begehrten Faltblätter verteilt, allein mehr als 300 an die Mitglieder des ADB.

Manch Frankenhäuser schien das unablässige Wirken des Vereins nicht genug, wie Mitglied Buchhändler P. Werneburg offenherzig bemerkte:

Da unſerm do ledigli der Agemeinheit zugutekommenden Beſtrebungen ein außerordentlies Maß von Gleigültigkeit, ſowohl von Seiten der Vereinsmitglieder, wie au ſeitens der vielen Bürger, die dem Vereine nit angehören, entgegengebrat wird, wien wir on. Trodem bleibt es immer eine Merkwürdigkeit, da gerade von den beiden größeren Erwerbszweigen, die den direkteſten und meiſten Nuen von der Vereinstätigkeit haben, die wenigſten Herren Mitglieder des Vereins nd. Leider begegnet unſere Tätigkeit von mehrfaen Seiten ſogar direkten Anfeindungen.

Wir haben Gelegenheit gehabt, zu konſtatieren, woher es kommt. Wenn wir von denjenigen Herren abſehen, die da glauben, den Verkehrsverein für aes verantwortli maen zu müen, was ihnen in und außer der Stadt unangenehm über den Weg läu, beſteht bei anderen no die Ant, unſer Verein müe , um mehr zu leiſten, dem Harzclub anließen.

Die Kritik des Buchhändlers Paul Werneburg richtete sich gegen die »Herren« Mitglieder des Schutzvereins für Handel und Gewerbe und der Pfännerschaft Solbad Frankenhausen. Zum zuerst genannten Verein würden wir heute Gewerbeverein sagen, während die Pfännerschaft den Vorläufer der heutigen Kur GmbH bildete, jedoch nach wie vor auch der Salzgewinnung aus Sole verbunden war. Nun könnte man glauben, wenn es um das Wohl und Wehe des Kurstädtchens Frankenhausen ging, würden alle »an einem Strang ziehen«. Doch gefehlt, zwar nicht allzu weit, doch immerhin.

eingang unteres bad 1914 800
Eingang zum Unteren Bad, 1914
Bild: Sammlung Regionalmuseum
eingang unteres bad 2018 800
Gleiche Stelle - hundert Jahre später
Bild: Sammlung Regionalmuseum
unteres bad bohrturm 1914
Unteres Bad mit Inhalationshalle, Badehaus und Bohrturm, 1914
Bild: Sammlung Regionalmuseum
quellgrund unteres bad 2010 800
Gleiche Stelle Unteres bad heute (2010)
Bild: Sammlung Regionalmuseum

Der Schutzverein und der ihm nahe stehende Wirteverein für Solbad Frankenhausen und Umgebung ignorierten schlichtweg den »Führungsanspruch« des Verkehrsverein Solbad Frankenhausen auf dem Tourismussektor. Der Schutzverein nahm Werbung und Öffentlichkeitsarbeit selbst in die Hand. Noch wenige Tage nach Einweihung der sanierten Oberkirche, Ende Oktober 1911, musste er dafür herbe Kritik aus der »Feder« des Chefredakteurs der Frankenhäuser Zeitung, Emil Krebs, einstecken:

...au in Frankenhauſen könnte no manes mehr erreit werden, wenn  die beteiligten Bürgerkreiſe nit der Eint verlöen, Mitglied des Verkehrsvereins zu werden und dadur dieſem rein gemeinnüigem Verein die Miel an die Hand zu gäben, eine zwedienlie Propaganda für hiegen Bade- und Touriſtenort zu affen.

Doch erst einen Monat nach dieser harschen Zurechtweisung kam der Schutzverein zu folgender Einsicht:

Wenn es anders mit Frankenhauſen werden ſo, müen wir anders werden. Jeder Bürger mu  verpflitet fühlen, dem Verkehrsverein anzugehören, mehr Interee für öffentlie Angelegenheiten mu erwartet werden. Und wir müen uns gegenſeitig Vertrauen entgegenbringen, wie Herr Oberbürgermeiſter Sternberg ſehr ritig betonte. Bei dem arfen Webewerb, dem au die Städte untereinander unterworfen nd, iſt es nötig, da jeder Einzelne ſeine Kräe in den Dienſt der Agemeinheit ſtet. Mehr als bisher mu Reklame für unſer Städten mit der herrlien waldreien Umgebung und mit dem heilkräigen Solbade gemat werden. In Kürze werden Reklame-Proſpekte und -karten hergeſtet, die der Bürgera zur Verfügung ſtehen.

Allerdings nahm auch der Verkehrsverein die 1909 an ihm geäußerte Kritik nicht auf die leichte Schulter und suchte den Kontakt zum Harzclub. Obwohl der Harzclub gestrenge Regeln für die Mitgliedschaft, z. B. die Übertragung des gesamten Vereinsvermögens, hatte, vermochte der Verkehrsverein unvergleichlich günstige Bedingungen für eine Aufnahme auszuhandeln.

Dagegen prallte vorerst jegliche Kritik von P. Werneburg an der Pfännerschaft ab. Die seit dem 15. Jahrhundert ununterbrochen nachweisbare Vereinigung der Inhaber der Salzsiedestätten hatte Selbstbewusstsein. Daran erinnert werden sollten alle Besucher der Einweihungsfeier der sanierten Oberkirche im Oktober 1911. Davon jedoch später. Die Pfännerschaft verstand sich als eigentlicher Träger des Kurbetriebs und das seit 1818 und im Gedenken an Dr. Manniske. Zwar war auch die Stadt Frankenhausen selbst Mitglied der Pfännerschaft, indem sie Teileigentümer an den Salzsiedestätten war, doch besaß sie nur anteilig Stimmrechte.

Verbindliche Entscheidungen traf noch immer die Vollversammlung der Pfännerschaft. Deren Vorsitzender war seit Jahresende 1907 Friedrich »Fritz« Rudolf Lüttich (1849 - 1912) aus Esperstedt. Fritz Lüttich war nicht irgendwer, er war Landtagspräsident des Landtages des Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und das hieß, nach dem regierenden Fürsten Günther Viktor zu Schwarzburg und Staatsminister (= Ministerpräsident) Franz Freiherr von der Recke (1854-1923) war er im etwas mehr als 100.000 Einwohner zählendem Fürstentum der »Dritte Mann« im Staate. Und der ließ sich, das sei gesagt, in seiner im wahrsten Sinne des Wortes »Gutsherrenmanier« bis zu seinem »Hinscheiden« wirklich nichts sagen.

Wenn auch er und OB Martin Sternberg demselben konservativen, bürgerlichen Lager anhingen, gab es doch unüberbrückbare Unterschiede. Hier der bedingungslos dem schwarzburgischen Fürstenhaus und der Existenz der thüringischen Kleinstaaten ergebene F. Lüttich, dort der pommersche Preuße, sich lediglich seinem König von Preußen und Deutschem Kaiser Wilhelm II., verpflichtet fühlende Oberbürgermeister von Frankenhausen. ... Doch zur Politik kommen wir jedoch ganz am Schluss der Betrachtung des Zeitgeschehens 1909 -1911.

Fritz Lüttich versperrte sich beharrlich den Wünschen des Verkehrsverein und seinem Vorsitzenden, OB Sternberg, umfangreich in den Kurbetrieb zu investieren. Erst auf der Pfännerschaftsversammlung im November 1910 verkündete er Investitionen in Höhe von 36.080 Mark in eine neues Inhalatorium und den Ausbau der Kuranlagen im so genannten Oberen und Unteren Bad, nach heutiger Sprachterminologie dem Quellgrund und dem Kurpark. Der Verkündigung folgte die Umsetzung »auf dem Fuße«. Bis zur Eröffnung der Badesaison im Frühjahr 1911 setzten nun umfassende Baumaßnahmen »zu Fuße« der Oberkirche ein.

Ach ja, die Oberkirche...

Sie machte 1910 Schlagzeilen. Seitens des Eigentümers, der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde, war ein gewisser Architekt Bernhard Schlag mit den weiteren Arbeiten zur Erneuerung beauftragt worden. B. Schlag, von Beruf Architekt und Lehrer, war seit 1908 Dozent am Kyffhäuser-Technikum Frankenhausen/Kyffh. Weil die Bezahlung der Lehrkräfte am Technikum wie im gesamten Bildungswesen des Bundesstaates Schwarzburg-Rudolstadt nicht eben üppig war, worauf wir noch kommen werden, besserten die Dozenten ihre Einkünfte mit »Nebenjobs« auf. B. Schlag lieferte auf der Grundlage des Gutachtens des fürstlichen Baurates Möhrenschlager die Entwürfe für die endgültige Instandsetzung des Kirchenbauwerkes. Darüber hinaus bewarb er sich um den Auftrag des Neubaus der St. Johanniskirche in Oldisleben im benachbarten Bundesstaat Großherzogtum Sachsen-Weimar und Eisenach. Etwas voreilig verkündete er in der Frankenhäuser Zeitung, dass er den Auftrag auch für die neue Kirche in Oldisleben bekommen habe. Die dortige Kirchgemeinde dementierte umgehend.

Nun musste auch Architekt Schlag einen Rückzieher seiner bisherigen Verkündigungen machen, einen Rückzieher mit Folgen. Siegmund Huppert (1871-1945), Direktor des Technikums, sah sich im Interesse des Ansehens des Technikums zum Handeln gezwungen. Architekt Schlag »durfte« das Technikum umgehend verlassen. Nun hatte die Oberkirche auch ihren kleinen Skandal. Der Weggang wurde ihm durch den allüblichen abendlichen Fackelumzug der Studierenden »versüßt«, die damit jeden beliebten Dozenten vom Technikum verabschiedeten.

Auch das Technikum oder richtiger formuliert, Direktor Huppert, ging in der Werbung gern eigene Wege. Diese Alleingänge änderten sich. Nicht schlagartig, doch in relativ kurzer Zeit. Das deutsche Kaiserreich, das sich »auf den Weg« gemacht hatte, ein moderner Industriestaat zu werden, steckte in einer Konjunkturkrise. Darunter litt auch der Reiseverkehr, die Touristen blieben auch in den thüringischen Kurorten aus. In und um Frankenhausen suchten Stadtrat und Verkehrsverein gegenzusteuern.

Auf dem Schlachtberg samt angrenzendem »Knopfmacherhölzchen« wurden Wanderwege angelegt, einladend für Einheimische und Kurgäste zugleich. Auch innerstädtisch wurden »Verschönerungsmaßnahmen« gefordert, insbesondere um die Unterkirche und am Technikum. Von Seiten der Stadtverwaltung wurden jedoch vordergründig erst andere Bereiche vorgezogen.

Nun endlich wurde zu gemeinsamer Vermarktung geschritten. Damit es äußerlich auch sichtbar wurde, zeigten dies alle Beteiligten auf einer kleinen Ausstellung im Rathaus:

Heute, Miwo (1.3.1911), von abends 6-9 Uhr und morgen, Donnerstag, von vormiags 8-12 Uhr nd im Siungsſaale des Rathauſes die Bilder öffentli ausgeſtet wele in der vom 1. April bis 20. Juni des Jahres in Berlin ſtafindenden Internationalen Ausſteung für Reiſe- und Fremdenverkehr ausgeſtet werden. Außer einer önen Reliefkarte des Kyffhäusergebirges nd folgende Bilder angefertigt worden:

Geſamtant von Frankenhauſen, vom Slatberg geſehen (Stadtrat), Anten des Solbades (Pfännera), Bild des Kyffhäuſer-Denkmals (Verkehrsverein), die Barbaroahöhle (Baron von Rüxleben), die Kur- und Gaſthäuſer in Solbad Frankenhauſen (Wirteverein von Frankenhauſen und Umgebung), die Frankenburg (Hausmannsturm) (ADB), der Spielpla und die Rodelbahn des SV Kyffhäuſer. Außerdem ſtet bei der Frankenhäuſer Abteilung der Verband Deuter Kriegervereine ein großes, ca. 2 m hohes Mode des Kriegerdenkmals aus, das aber erſt in Berlin aufgeſtet werden kann.

Die Fahrt nach Berlin, auf eine der größten Tourismusausstellungen des Kaiserreiches, zahlte sich aus. Zwar stiegen die Kurgastzahlen nicht unbedingt an, doch blieben sie stabil. Zwischen 1896 und 1911 lagen sie zwischen 2.300 und 2.700 Gästen. Im Vergleich zu anderen thüringischen Bädern lag Frankenhausen im unteren Mittelfeld. Kurorte wie Oberhof und Friedrichroda erreichten 10.000 und mehr Gäste, mit Bad Sulza, (Bad) Berka und (Bad) Liebenstein lag die Kurstadt am Kyffhäu-ser etwa gleich auf.

Der Vielfältigkeit der gemeinsamen Präsentation auf der Berliner Tourismusausstellung lagen zahlreiche eigenständige Aktivitäten der beteiligten Aussteller aus Frankenhausen und Umgebung zugrunde. Waren die Einzelinitiativen bereits beachtlich und brachten den Akteuren Umsatzsteigerungen, die gebündelte Vermarktung brachte zusätzliche Reklame.
Der Betreiber der Barbarossahöhle schaffte im Herbst 1910 die technischen Voraussetzungen für die Stromgewinnung an der Höhle. Ausgiebig beleuchtet werden konnten nun sowohl die Außenanlagen als auch das Innere der Höhle selbst. Nun wurde damit geworben, dass die Höhle nach vorheriger Anmeldung auch in der Wintersaison, vom 1. November bis 1. April, besichtigt werden könnte. Beim Eintrittspreis wurde auf 70 Pfennig pro Person orientiert.

Unterlag der Eintrittspreis für die Barbarossahöhle bereits einer öffentlichen Betrachtung, brachte dieser dem Betreiber des Kyffhäuserdenkmals, dem Kyffhäuser-Bund der Deutschen Landes-Kriegerverbände, gehörige Schelte ein. In der Weimarer Lokalzeitung erschien im Herbst 1910 ein Artikel, in dem einige Lehrer der dortigen Schulen sich vehement gegen die Erhebung von Eintritt für Schulklassen auf dem Kyffhäuser wandten. Ihre Forderung: aus bildungspolitischer Sicht freier Zugang für Schulklassen und Schüler zu allen deutschen Nationaldenkmalen. Im Kyffhäuser betraf dies aus ihrer Sicht sowohl das Denkmal als auch die Barbarossahöhle.

Dem Betreiber des Denkmals warfen sie gar vor, dieses rein als Erwerbsquelle zu betrachten. Der Kyffhäuserbund wehrte sich mit dem Argument, dass lediglich beim Betreten des Denkmalinneren Eintritt erhoben würde. Das brachte die Lehrer ganz auf und sie riefen in und um Weimar die Schulen auf, keine Schulausflüge zum Kyffhäuserdenkmal zu unternehmen. Sie hielten den Kyffhäuserbund mit seinen mehr als 2,5 Millionen Mitgliedern für gut geeignet, auch ohne Abkassierung von Schülern das Denkmal zu unterhalten.

anna luise schuetzenhaus 1911 800
Fürstin Anna Luise am Eingang zum Schützenhaus in der Lindenstraße, 1911
Bild: Sammlung Regionalmuseum
pavillon karussell schuetzenhaus 1911 800
Schwarzburger Pavillon im Hof des Schützenhauses, 1911
Bild: Sammlung Regionalmuseum
schuetzenhaus lindenstr 1914
Schützenhaus in der Lindenstraße, 1914
Bild: Sammlung Regionalmuseum
ecke lindenstr2018 800
heutiges Gebäude an der Stelle des ehemaligen Schützenhauses
Bild: Sammlung Regionalmuseum

Nun, selbst nach Einhundert Jahren gibt es für Schulklassen und die Thematik »Eintritt in Museen und Denkmale« keine einheitliche Regelung in Thüringen. Einige Mitglieder des Wirteverein für Frankenhausen und Umgebung beließen es nicht allein bei der Herausgabe von Ansichtskarten ihrer Lokalitäten. Sie investierten zum Teil kräftig in ihre Gasthäuser. Der Inhaber der Wirtschaft auf der Rothenburg bekam im Sommer 1910 für den Ausbau der gastronomischen Möglichkeiten, besonders der Saalerweiterung, höchstes Lob gezollt. Und das nicht allein aus dem Munde des Redakteurs der »Frankenhäuser Zeitung«, sondern aus allerhöchsten Kreisen. Für Fürstin Anna Luise zu Schwarzburg (1871-1951) war es die beliebteste Ausflugsgaststätte im Kyffhäusergebirge. Unvoreingenommen mischte sie sich unter die Ausflügler. In ihrer Begleitung oftmals die Schwiegermutter der Königin der Niederlande, Großherzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin (1850 - 1922), ihre Schwägerin. Schließlich hatte das »Schwarzburgische Land« reichlich zum Liebesglück zwischen der Niederländerin, Königin Wilhelmina (1880 - 1962) und dem Mecklenburger Prinzen Heinrich (1876 -1934) beizutragen. Zwischen Oberkirche und Hausmannsturm gelegen, setzten am Gasthaus Frankenburg ab 1909 erhebliche Baumaßnahmen ein. Rudolf Schröder, der Inhaber, glaubte die Chancen nutzen zu müssen, die sich aus der wunderschönen Lage oberhalb der Stadt ergaben.

Ideenreich und sportlich orientiert beschritt Paul Brathuhn, Inhaber der Gaststätte Waldschlößchen, völlig neue Wege. Zusammen mit Dozenten und Studierenden des Kyffhäuser-Technikum und sportbegeisterten Frankenhäusern. Seine Heimstatt erhielt der Verein direkt neben dem Waldschlösschen, wo bereits im Juni des Jahres der gleichnamige Sportplatz eingeweiht werden konnte. Anlässlich der Einweihung hatten mehr als 1.000 Zuschauer die Gelegenheit, das zweite, in Frankenhausen ausgetragene, Fußballspiel zu verfolgen. Zwei Jahre später, im September 1911, organisierte Vereinsmitglied und Rektor der Knabenbürgerschule Frankenhausen, Gerhard Burau (geb. 1866 in Westpreußen, Sterbedatum unbekannt), ein Fußballspiel zwischen den Schülermannschaften Esperstedt und Frankenhausen. Es ist zugleich das erste, nachweisbare Spiel in unserem Ortsteil Esperstedt.

Fußball war beileibe nicht die einzige Sportart, die seitdem am Waldschlösschen betrieben werden konnte. Hinzu gesellten sich Turnen, Leichtathletik und Tennis. Und nach dem Sport ging's ins Vereinslokal, dem Waldschlösschen. Eine weitere Belebung des Ausflugslokals stellten die alljährlichen Kinderfeste im Juni oder Juli dar, die groß und klein den Berg hinauf strömen ließen. Und das umso mehr, als dem Sportplatz ein Spielplatz beigegeben war.

Noch im Herbst 1909 kam den Mitgliedern des SV Kyffhäuser der Gedanke, den inzwischen allseits beliebten Wintersport auch in Frankenhausen zu etablieren. Mit dem ersten Schneefall wurde die durch den Kyffhäuser führende Straße präpariert. Die Jugend wollte es wissen. Im hohen Tempo die Straße hinab und seitlich darüber hinaus. Nachdem einige unter ihnen, Jungen wie Mädchen, mit leichten und schweren Brüchen ins Krankenhaus gebracht werden mussten, reagierten sowohl die städtischen als auch fürstlichen Behörden.

Die Straße wurde umgehend für den Wintersport gesperrt. Auch Paul Brathuhn reagierte. Im Einvernehmen mit der fürstlichen Forstbehörde auf dem Rathsfeld holte er den Rodelsport ans Waldschlösschen. Landesvater Fürst Günther Viktor zu Schwarzburg (1852-1925), dem das gesamte Areal am Waldschlösschen gehörte, hatte schon dem Sportplatzbau seine Zustimmung erteilt, nun gab er sie auch dem neuen Vorhaben des SV Kyffhäuser, dem Projekt Rodelbahn.

Im Herbst 1910 ließ er seine Forstarbeiter eine rund 1.000 m lange und 10 m breite Schneise vom Waldschlösschen hinunter zur Eschenecke schlagen. Heute wohl ein »Sakrileg« wurde es seinerzeit mit Begeisterung aufgenommen. Allerdings gab es Auflagen und die wurden in einer Bahnordnung für die Rodelbahn niedergeschrieben, vom SV Kyffhäuser im Dezember 1910 beschlossen und von Oberförster Wetzel von der Fürstlichen Forstei Rathsfeld im Januar 1911 genehmigt.

Die Unterhaltung der Bahn oblag dem SV Kyffhäuser. Konnten Vereinsmitglieder die Bahn kostenlos nutzen, zahlten Gäste eine kleine Gebühr. Manch Erfahrungswerte von der Kyffhäuserchaussee scheinen keinen Eingang in die Bahnordnung gefunden zu haben, wie § 5 vermuten ließe:

Slien mit Bremſen nd verboten; lenken und bremſen mit Abſa und Sohle.

Alles Werben für den Wintersport brachte jedoch letztlich nur lokale Erfolge. Ein Wintersportort ähnlich Oberhof vermochte Frankenhausen nicht zu werden. Nur allzu oft in den kommenden Jahren titelte die »Frankenhäuser Zeitung«: Gibt es weiße oder wieder grüne Weihnachten?

Dennoch versetzten die Bemühungen des SV Kyffhäuser um den Wintersport selbst Oberbürgermeister Sternberg und die Stadträte in erwartungsvolle Stimmung. Auf der Stadtratssitzung am 5. Januar 1911 verkündete OB Sternberg, dass die Schwarzburg-Rudolstädtische Landesregierung samt Landtag dem von Frankenhausen eingebrachten Antrag Rechnung trage, in ganz Schwarzburg eine Kurtaxe einzuführen. Im Verlauf des Jahres 1910 war es OB Sternberg und seinen Stadträten gelungen, eine entscheidende Anzahl Kur- und Ferienorte des Fürstentums wie (Bad) Blankenburg, Schwarzburg oder Rudolstadt für dieses Vorhaben zu gewinnen. Zwar »spülte« die Kurtaxe etwas Geld in die »klamme« Stadtkasse, doch auch 1911 wollte sich der thüringische Fremdenverkehr nicht so richtig beleben. Und so berief die dafür zuständige Kommission des Thüringer Städtetages noch vor Ablauf des Jahres 1911 eine Versammlung nach Gotha ein, die Lösungen suchen sollte.

Frankenhausens stabile Zahl an Kurgästen verhalf jedoch einem neuartigen Freizeitvergnügen zum Durchbruch, dem Kino oder damals als »Kinematographentheater« bezeichnet. Untergebracht und privat betrieben durch einen gewissen Mädel war es in der Poststraße 37.

Vom Tourismus zu profitieren vermochte ebenso die »Stadt- und Kurkapelle Frankenhausen«. Zur Jahreswende 1909/1910 löste Otto Ludwig (geb. 1883, Sterbedatum unbekannt) aus dem schwarzburgischen Großbreitenbach den seit mehr als zwei Jahrzehnten tätigen Richard Lerch als städtischen Musikdirektor ab. Das Wort städtisch war eher als Titel gemeint, denn die Stadt zahlte lediglich einen jährlichen Zuschuss, ansonsten galt die Kapelle als Privatunternehmung.

Die bis zu 20 Musiker umfassende Kapelle setzte sich aus einer Anzahl Berufsmusiker und Musikschülern zusammen. Die Musikschüler wurden vom Musikdirektor unterrichtet, ihre Prüfung legten sie am Sondershäuser Konservatorium der Musik ab. Die Stadt- und Kurkapelle hatte sich unter Musikdirektor Lerch einen künstlerisch ansprechenden Ruf erworben. Aus Anlass seiner Verabschiedung im Januar 1910 übersandten ihm sowohl Fürstin Anna Luise als auch der Thronfolger, Erbprinz Sizzo (1860 -1926), eine persönliche Porträtfotographie mit Widmung. Letzterer hatte bereits bei seiner Hochzeit 1897 in Sachen musikalischer Umrahmung die Frankenhäuser Kapelle der Rudolstädter Hofkapelle vorgezogen. Unter ihrem neuen Musikdirektor trat die Kapelle auch zu einer vielbeachteten Benefizveranstaltung für die Oberkirche auf.

Dr. Ulrich Hahnemann

Literatur- und Quellenangaben:

Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Kirchensachen, 1/V-13, Reparatur der Oberkirche 1909-1911.

Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Bauamt Frankenhausen Nr. 97, Schäden an der Oberkirche 1867 und 1914.

Reuter, Fritz: Gebäudeschäden durch »Untergrundsenkungen« in Bad Frankenhausen (Kyffhäuser), Sonderdruck Zeitschrift für angewandte Geologie, Band 8, Heft 3, März 1962.

Frankenhäuser Zeitung (FZ), Jahrgang 1909: Nr. 44 Postscheckverkehr, Nr. 126 26. Bundestag des A.D.B., Nr. 141 Geschichte der Oberkirche, Nr. 251 und 255 Zusammenkunft im Rathaus, Nr. 260 Benefizkonzert, 272 Veröffentlichung des »Aufrufes«.

Anger, E./Kraussmüller, H.: Die Geschichte des ADB 1883-1933 und das Schicksal der ehemaligen ADB-Burschenschaften, Gießen 1989.

Mitteilung Ernst Anger, Berlin, ADB, vom 22.01. 2011.

Frankenhäuser Zeitung (FZ) Jg. 1909: Nr. 13/Begutachtung der eingereichten Entwürfe
Bebauungsplan, Nr. 15/Die Wohnungsnot in unserer Stadt, Nr. 23/Stadtratsvorlage OB Sternberg »Die Wohnungsverhältnisse in Frankenhausen 1908«, Nr.126/26.

Bundestag des A.D.B., Nr. 129/Paul Schröder »Der Burggeist«, Nr. 166/Der 26. Bundestag des A.D.B. in Frankenhausen, Nr. 255/Stadtratssitzung am 28.10.1909, TOP 4: Genehmigung Baupläne des ADB.
Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/IIA-438, Miet- und Pachtverträge Stadt Frankenhausen 1876-1916.

Frankenhäuser Zeitung (FZ), Jg. 1909: Nr. 15, Sternberg: Die Wohnungsnot in unserer Stadt; Nr. 18, Der Turnverein 1856; Nr. 42, Ein Spaziergang am Sonntag Abend, 14. Februar 1909, durch Frankenhausen; Nr. 73, Verkehrsverein Solbad Frankenhausen; Nr. 82, Stadtratssitzung 2.4. 1909 (u.a. Marienstift, Oberkirche, Altertümer); Nr. 261, Polizeiverordnung betreffend die Straßen- und Hausnummernschilder vom 27.10. 1909 und Bekanntmachung Anlegung des Grundbuches in Stadt Frankenhausen vom 6.11.1909;

FZ, Jg. 1910: Nr. 111, Stadtratssitzung 10.05. 1910 (u.a. Altstadt); Nr. 138, Bürgervereinigung (Bericht Kosten Krame)

FZ, Jg. 1911: Nr. 281, Zigarrenfabrikgebäude der Firma Rabener & Becker;
Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/IIF-80, städtische Ziegelhütte (Rehberg).
ThStA Rudolstadt, Thür. Amtsgericht Frankenhausen Nr. 22, Verkehrsverein Bad Frankenhausen e.V.

Frankenhäuser Zeitung (FZ, Jg. 1909): Nr. 113, »Eingesandt« (Neugestaltung an der Unterkirche); Nr. 121, »Wunderschön ist's jetzt auf dem Schlachtberge«; Nr. 150, »Die ungünstige wirtschaftliche Konjunktur drückt auf den Reiseverkehr«;

FZ, Jg. 1910: Nr. 92, »Oberkirche« Baupläne); Nr. 155, »Oberkirche« (Generalversammlung); Nr. 261, »Pfännerschaftsversammlung«; FZ, Jg. 1911: Nr. 52, »Sehenswerte Ausstellung«; Nr. 180, »Kurlisten der thüringischen Bäder«, Nr. 254, »Was der Fremdenverkehr einbringt«; Nr. 273, »Schutzverein für Handel und Gewerbe« (Jahresversammlung);

Frankenhäuser Zeitung (FZ), Jg. 1909: Nr. 46, »Dem Rodelsport auf der Kyffhäuser-Chaussee ist Einhalt geboten«; Nr. 97, »Von der Rotheburg«; Nr. 148, »Der Frankenburgwirt«; Nr. 173, »Rothenburg« (Fürstin Anna Luise);

FZ, Jg. 1910: Nr. 1, Anzeige Musikdirektor Ludwig; Nr. 1, Verabschiedung Musikdirektor Lerch; Nr. 65, Postkarte Oberkirche; Nr. 172, »Von der Rothenburg«; Nr. 173, »Kinderfest auf dem Waldschlösschen«; Nr. 239, »Der Kyffhäuser als Erwerbsquelle«; Nr. 262, »Barbarossahöhle«; Nr. 277, »Die Bauarbeiten an der Rodelbahn«;

FZ, Jg. 1911: Nr. 5, »Bahnordnung für die Rodelbahn«; Nr. 7, »Stadtratssitzung« (u. a. Erhebung Kurtaxe); Nr. 200, »Eingesandt« (Thema Kino); Nr. 215, »Fußballsport«; Nr. 281, »Hebung des Thüringer Fremdenverkehrs«;

ThStA Rudolstadt, Thüringisches Amtsgericht Frankenhausen Nr. 30, SV Kyffhäuser 1910-1937 und Bauamt Frankenhausen Nr. 155, Gastwirtschaft Rothenburg 1896/1915 und Nachlaß Fritz Brather Nr. 18, Rothenburg und Kyffhäuser.

Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1A/ia-85: Stadtkapelle unter Otto Ludwig.

Regionalmuseum Bad Frankenhausen, Sonderausstellung 1998 »Am Ball bleiben - 90 Jahre Fußball in Bad Frankenhausen 1908 – 1998«.

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