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Vortrag: 30jähr. Krieg (2019) #3

Wie hoch dieser »von Eberstein« gestiegen ist, das beschreibt ein Blick in deren eigene Familiengeschichte die von Ebersteins veröffentlicht wurde. Darin ist ein fast unterwürfiger Brief eines Reichsgrafen von Schwarzburg, der den von Eberstein - den er vorher nie eines Blickes gewürdigt hätte - unterwürfig zur Taufe eines Kindes der Schwarzburger einlädt. Derartiges hätte es vorher (ohne jene Kriegswirren) nie gegeben. Es wäre einfach nicht das Niveau gewesen.

Gegen Ende des Juli 1645 reiſte Ernſt Albret na erhaltenem Urlaube zur Beſorgung ſeiner Privatgeäe über Erfurt na Gehofen. Hier hielt er  etwa 5 Woen lang aufund traf erſt am 7. Sept. wieder in Gießen ein.
Während ſeiner Anweſengeit in Gehofen erhielt er von dem Grafen Anton Günther von Swarzburg zu Sondershauſen naſtehende Einladung:

Wohl Edler, Geſtrenger, Veſterundt Manhaer beſonders |
günſtiger lieber Herr General Major, |
Wir erfreuen uns, daß derſelbe bey guter geſundheit |  anno befindet, au neuli in dernähe glüli | wieder ahngelandet, |
Dieweil wir denn unlängſten von dem von Gehofen | verſtanden, daß der Herr General Major gewit | ſein ſoe, uns in kürtze hieges ors zuezuſpreen | undt izunt glei eine bequeme gelegenheit  darzue| ereignet, In deme Gölie Amat die Hogeborne | Fürſtin unſere Hevielgeliebte Gemahlin am neſt verwienem Montage Ihrer bishero getragenen Leibes- | bürden in genaden entbunden undt uns beyder | ſeits mi einem Jungen Töterleinerfreuet ha, | wofür der Gölien Amat Lob undt Dan ge- | ſaget wirdt, Undt wir dahero enttloßen, | ſol unſer liebes Kindt uff neſtkünfigen Sontag, | gönnets Go, zur Heyligen Tauffe befördern | zulaßenn, So bien wir günſtigk | weil wir uns unſers geliebten Bruders von Arnſtadt | anherokun gewiß verſehen, Es woe der Herr | Gral Major uns gleiergeſtaldt die Ehre er- | weiſen  Sonn- ...

Die Schwarzburger hätten wohl Grafen von Stollberg, Grafen von Mansfeld eingeladen, auch Grafen von Oldenburg, aber nicht einen derartigen »gewöhnlichen« Adligen von irgendwoher, irgendein Gehofen. Aber dieser Brief wird extra in der Chronik zu Beginn des 20. Jh. veröffentlicht, um damit zu zeigen; seht her Leute, wie hoch sind wir gestiegen. Das alles jedoch nur allein durch militärisches Geschick, Soldaten und vor allem …Krieg.

In der Kirche von Gehofen sind die »von Ebersteins« beigesetzt, überdies auch Ernst Albrecht. Er war damals in verschiedenen Diensten tätig. Zuerst kämpfte er für Hessen-Kassel, dann für Hessen-Darmstadt, ist aber auch für den Kurfürsten aktiv. Als er den ignoriert, nimmt der ihm kurzzeitig das Gut in Rheinsdorf weg. Dabei bleibt es aber auch. Später kämpft er für die Schweden gegen Brandenburg und Polen. Er hat durchaus eine hohe militärische Karriere hinter sich. Andrerseits vergisst er nach seiner Karriere aber nie, jedes Jahr nach Frankenhausen zu schreiben, um zu vermelden: ich kriege von Euch noch dieses und jenes.

Großaritige Gefechte hat es indessen in unserer Region nicht gegeben. Ein einziges Gemälde, das wir im Museum im Bestand haben, bildet ein Gefecht aus dem 30jährigen Krieg ab. Wir haben sonst kein Bildnis aufzuweisen. Es gibt Überlieferungen, dass z.B. zwischen Kaiserlichen und Schweden u.a. die Unstrutbrücken hart umkämpft waren, wie z.B. bei Artern oder in der Nähe zur Festung Heldrungen. In diesen werden Gefechte geschildert, wie 1637, als die Schweden sich zurückzogen, aber eben jedoch keine große Kampfhandlungen im eigentlichen Sinne. Wenn man einmal von der Eroberung der Festung Heldrungen selbst absieht.

 

Die Bevölkerung ist jedenfalls ziemlich ausgeblutet. Sie hat auch keine Lust mehr, alle Drangsale auf sich zu nehmen. Man lässt sich indessen vom Kommandanten der Feste Heldrungen 1642 z.B. verbürgen, dass man gegen Marodeure vorgehen und diese auch erhängen darf. Dieses »Vorgehen« musste man sich jedoch bestätigen lassen.

1632 war die Feste Heldrungen, wie bereits besprochen, nun schon arg in Mitleidenschaft gezogen. Man sieht, wie sie »geschliffen« wird. Außerdem sieht man auch das zerstörte Heldrungen mit der zerstörten Kirche. 1645 die Eroberung durch die Schweden und Truppen der Landgrafschaft Hessen-Kassel.

Heldrungen ist mehr oder weniger eine Ruine. Es gibt nicht mehr viel zu verteidigen. Geschliffen bedeutet hierbei, damit die Feste nicht erneut - sollte sie in fremde Hände fallen – als Bollwerk dient, dass man Widerstand leisten könnte. Es werden also die Wallungen abgetragen. Und was nicht zerstört ist, wird erst in den 1660er Jahren wieder aufgebaut.

In Radebeul unterschreiben Sachsen und Schweden 1645 einen Waffenstillstand, damit scheidet Sachsen auf lange Sicht aus dem 30jährigen Krieg aus. Dieser Waffenstillstand wird in Eilenburg in einen Friedensvertrag umgewandelt. Was beinhaltet dieser Vertrag?

Die Schweden sichern Johann Georg zu, dass 3 Meilen um Dresden herum kein Schwede irgendeinen Angriff vollzieht. Drei Meilen um Dresden, damit er ungestört auf die Jagd gehen kann. Aber der Rest des Landes? Da wird genauso gehaust wie vorher auch. Wer durchkommt nimmt sich das, was er will oder brauch. Waffenstillstand und Friedensvertrag für die Hauptstadt und drei Meilen herum. Alles andere wird immer in Mitleidenschaft gezogen.

Die Bevölkerung hingegen wird nach wie vor ausgeplündert. In unserem Fall ist es der Kommandant der Feste Heldrungen, der die Erlaubnis erteilt, dass sich die Bevölkerung gegen streifende Rotten zur Wehr setzen darf.

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Festung Heldrungen
1642 - Jacques Geral, kaiserlicher Kommandant der Festung Heldrungen, erlaubt der Bevölkerung ausdrücklich den bewaffneten Widerstand gegen »streifende Rotten«
Bild: Regionalmuseum
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Zeitgenössische Darstellung »Über die unbarmherzigen Bauernreiter«
Bild: Sammlung Regionalmuseum

Blicken wir nun nach Ringleben.
Eine Darstellung aus der Dorflade 1777 von Ringleben. Das Dorf ist durch eine »Dorfwand« umschlossen. 1642 kommen kaiserliche Soldaten und hinterlassen einen Kranken, der gepflegt werden soll. Als die Kaiserlichen abrücken, sagen sich die Ringleber: Den machen wir alle! Das wird auch umgehend erledigt. Die Kaiserlichen kommen zurück und wollen nun ihren Kameraden abholen. Die Ringleber waren natürlich etwas verlegen. Irgendwann müssen sie schließlich doch zugeben, dass der Kamerad nicht mehr unter den Lebenden weilt. Sie haben ihn schließlich beseitigt.

Die Kaiserlichen Truppen sind darüber verständlicherweise sehr verärgert. Dies äußert sich derart, dass sie draußen um das Dorf Aufstellung nehmen, die Dorfwand überwinden und das Dorf niedermachen. Widerstand wird hier mit einer militärischen Gegenwehr beantwortet. 1642 ist für Ringleben ein katastrophales Jahr.

Da nützt es auch nicht viel, dass verhandelt wird. Graf Ludwig Günther von Schwarzburg-Rudolstadt. Er Verhandelt mit allen möglichen Feldherren u.a. mit Picolomini, der eher aus Wallenstein bekannt ist. Als ehemaliger Wallensteinscher Offizier, hat er rechtzeitig die Seiten gewechselt.

Das funktioniert aber nur im Raum Rudolstadt. Ansonsten bis Frankenhauen reicht dies nicht. Die Verhandlungen führen eigentlich immer ins Leere. Auch die Truppenführer haben nicht immer den Einfluss auf ihre Truppen, die machen in ihrem Quartier, was sie wollen, untereinander oder auch gar gegen die Bevölkerung. Die Truppen sind langsam außer Rand und Band.

Wenn man also einen Schutzbrief bekommt, kann sich dahinter durchaus etwas Negatives verbergen.

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Graf Ludwig Günther I. (reg. 1605 - 1646)
Bild: gemeinfrei
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Octavio Piccolomini, auch Ottavio (* 11. November 1599 in Florenz; † 11. August 1656 in Wien) war Herzog von Amalfi sowie Malteser-Ritter. Im Dreißigjährigen Krieg diente er als kaiserlicher General Wallensteins sowie Kommandeur von dessen Leibgard
Bild: gemeinfrei

Wenn man also einen Schutzbrief bekommt, kann sich dahinter durchaus etwas Negatives verbergen.

Wir haben einen Schutzbrief mit eigenhändiger Unterschrift von Hans Christoph von Königsmark, einen schwedischen Befehlshaber. Damals Oberbefehlshaber gelingt ihm am Ende des 30jährigen Krieges ein Coup. Er nimmt Prag ein und plündert die Stadt. Viele Zeugnisse dieser Ereignisse befinden sich heute im Museum in Stockholm.

Er selbst wird durch diese ganzen Plünderungszüge sehr reich werden. Bekannter ist seine Urenkelin Aurora von Königsmark, eine Geliebte August des Starken. Dieser Hans Christoph von Königsmark schickt nun den Reiterführer von Weidenbach - einen regionalen Adligen, der sich auch hier auskennt - nach Frankenhausen hinein und lässt plündern. Dieser zieht wieder ab und daraufhin bitten die Frankenhäuser um einen Schutzbrief. Der wird ihnen auch ausgestellt.

Das Geld daraus steckt er zum größten Teil in die eigene Tasche. Er wird einer der reichsten Männer am Ende des Krieges sein, sogar einer der reichsten schwedischen Heerführer, die es gab. Dieses Vorgehen wendet er natürlich nicht nur in unserer Region an. Der Krieg ist eben dafür da, dass einige immer reicher werden. - Das war eigentlich schon immer so...

Die Schwarzburger halten sich jedoch fast den ganzen Krieg getreu an den Kaiser. 1647 wird Gräfin Aemilie Juliane einen Schutzbrief Kaiser Ferdinands III. erwirken. Der ist hingegen nicht viel Wert. Man macht dem Kaiser jedoch deutlich, dass man zu ihm hält. Dies wirkt sich dann am Ende des Krieges auch auf die Friedensverhandlungen aus.

In Münster haben die Katholiken verhandelt - in Osnabrück weitgehend die Protestanten u.a. die Schweden. Bei den Friedensverhandlungen in Osnabrück wurden am Ende - genauso wie in Münster - Portraits von den gesamten Versammelten gemalt, die heute in diesem Rathaussaal zu sehen sind.

Für Kursachsen haben zwei Parteien verhandelt. Nämlich Johann Leuber und Johann Ernst von Pistorius. Der Sachse war sich sicher, er behält die Nieder- und Oberlausitz. Dies hat er sich bereits 1635 vom Kaiser vertraglich zusichern lassen.

Brandenburg, das am Ende viel schwächer war, wird am Ende des Krieges mit einem riesigen Gewinn hervorgehen. Der Sachse verspielt alles. Die beiden müssen ihren Aufenthalt in Osnabrück selber bezahlen. Er gibt ihm keinen Pfennig dazu. Sie verhandeln also nach eigenen Gutdünken und aus eigenen Willen für ihr Land, aber nicht weil sie vom Kurfürsten Geld dafür bekommen.

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Die sächsischen Gesandten in Osnabrück:
Dr. Johann Leuber (1588 – 1652)
Bild: gemeinfrei
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Johann Ernst von Pistorius (1605 – 1680),
Bild: gemeinfrei

Sie geben ihr Vermögen dafür aus, um dort verhandeln zu können. Verhandeln heißt aber auch, dass man der Gegenseite mit Geschenken bedenken muss. Geschenke sind jedoch teuer. Die beiden sind am Ende relativ verarmt.

Von dem Frankenhäuser Verhandlungsführer haben wir leider kein Bildnis. Elias Augustin Hüfler ist der Name. Er hat für die Schwarzburger, Stolberger, für die Mansfelder, Reussner und Schönberger die Verhandlungen geführt. Von ihm gibt es auch kein Gemälde in Osnabrück. Er wurde 1660 in der Frankenhäuser Oberkirche zusammen mit seiner Frau bestattet. Er war bestrebt, für Schwarzburg so viel herauszuholen, dass kein Land verlustig ging. 

Als der Friede 1648 in Osnabrück verkündet wurde war es nun nicht so, dass man darüber sehr erfreut war.

Als man den Frieden in das Land getragen hatte, ging es auch erst einmal darum, festzustellen, was passiert im Umland. Hessen-Kassel hatte nicht nur allein die Feste Heldrungen erobert. 1609 waren sie nämlich schon einmal hier bei uns. Sie hatten Interesse an der Reichsabtei Hersfeld. Dazu zählte u.a. auch das Kloster St. Wigbert in Göllingen. Nicht jedoch das Dorf. Das Dorf war schwarzburgisch, das Kloster jedoch bekommen sie ausdrücklich in Osnabrück zugeschrieben, mit der ganzen Reichsabtei Hersfeld. Dieser Zug hierher zu uns hatte somit auch einen militärischen Sinn. Dies wurde ausdrücklich in den Verhandlungsakten vermerkt.

»Der freud- und friedenbringende Postreuter aus Münster« ist noch lange nicht der Friedensbringer. Er verkündete zwar, dass man sich geeinigt hatte. Die Schweden aber auch Franzosen lassen sich allerdings ihren Abzug oder die Abdankung der Truppen teuer bezahlen. Die Schweden verlangen diese Zahlungen sehr lange.

Erst der »Nürnberger Executionstag«, so nannte man dies, eine Verhandlung 1649 – 1650, führt dazu, dass die Schweden sich überhaupt bereitfinden, sich schließlich zu entfernen. Bis dahin ist es noch eine ganz lange Zeit. Es wird etwas ausgeschickt, das bekommt jeder Reichstand zugeschickt und gibt dies weiter. So wie dieses Schriftstück aus dem Stadtarchiv, bekamen dies alle zugesandt.

Es wird der »Obersächsische Kreis« genannt, dazu gehört Kursachsen, Brandenburg usw. einschließlich Thüringische Gebiete. Es wird aufgezählt, was jeder aufzubringen hat, damit schwedische Offiziere und Soldaten ausbezahlt werden und sie somit schlussendlich heimziehen. Sachsen muss alleine fast 145.000 Gulden aufbringen, Brandenburg fast 134.000 Gulden. Die Schwarzburger müssen immerhin noch 14.600 Gulden aufbringen.

Ein ausgeblutetes Land muss sofort Geld zur Verfügung stellen, dass an diese abziehenden Truppen geht, damit sie sich nun endlich außer Landes begeben. Am 16. Juli 1650 überreichen die Schwarzburger ihre letzte Rate in Erfurt. Sie sind verpflichtet, diese Gelder in Erfurt auf der Festung abzugeben.

In Sachsen ist es hingegen so, dass Johann Georg die Schweden loswerden will und drängt deshalb die Leipziger Bürger dazu, all das was sie noch besitzen, alles herzugeben und an die Schweden zu übergeben. Daraufhin rücken die Schweden endlich am 30. Juni 1650 aus Leipzig ab.

Erst dann beginnt in Sachsen ein Friedensfest - von oben angeordnet. Es wird der 22. Juli 1650 festgelegt. Die Schweden ziehen von dannen. Dies wird in allen Kirchen von den Kanzeln verkündet, wie auch in der Marienkirche in Artern.

Es wird jedoch nicht überall eingehalten, weil die meisten so ausgeblutet sind, dass sie auf diese Sache keine Rücksicht nehmen. Aber Johann Georg lässt sich erst einmal als Friedensbringer feiern. In einem Flugblatt 1650 wird er als gekrönter Sieger dargestellt.

Im Schwarzburgischen wird der Friedensvertrag erst am 26. Juli 1650 ratifiziert und erst am 30. September 1650 wird von den Kanzeln in Schwarzburg das Friedensfest verkündet.

In der Kirche von Esperstedt wurde die Kanzel erst ein Jahr nach dem Frieden fertiggestellt. Die Leute konnten nun langsam aufatmen, als das Geld übergeben wurde, dass wirklich mit dem Abzug und Abdanken der Truppen nun wieder Ruhe im Land eingekehrt war.

Es gibt einen schönen Spruch im »Arterner Heimatbuch« von Ewald Engelhardt: »Die Wölfe sind in den Wohnungen, die Bauern in den Wäldern.« Das macht deutlich, wo unterdessen viele Leute leben. Sie flohen schließlich vor der Soldateska in den Harz, wir kennen das Thema »Harzschützen«.

Sie fliehen auch aus Angst ins Kyffhäusergebirge und bringen sich in Sicherheit. Man liest weiterhin öfters in den Akten, dass man streifende Wolfsrudel sieht. Da geht es uns heute vergleichsweise noch gut...

Die Bevölkerungszahlen sind natürlich drastisch zurückgegangen. 1612 haben wir in Artern immerhin noch 254 Hauswirte, also die Vorstände von einem Haus. Das hat sich bis 1659 fast halbiert, obwohl es da jedoch schon wieder einen leichten Anstieg gab.

In Schwarzburg-Rudolstadt liegen die letzten Kriegstage in den Händen einer Frau, einer resoluten Frau. Gräfin Aemilie Juliane. Sie kommt aus Oldenburg. Ihrer Verwandtschaft war es gelungen, fast während des gesamten Krieges, Oldenburg von Truppen freizuhalten.

Da hat sie wohl sehr clever verhandelt. Sie bemüht sich außerdem um einen Wiederaufbau. Dazu gehört natürlich auch die Wiederherstellung der Landesordnung mit vielen verschiedenen Richtlinien, die erlassen werden.

Ab 1650/51 gibt es wieder Regelungen zu Hochzeiten, Kindtaufen, Begräbnissen. Man greift in das Leben der Bevölkerung ein. Während des Krieges hatten die Leute ihre verstorbenen Angehörigen mehr oder weniger nur verscharrt. Man hat auch nicht unbedingt offiziell in der Kirche geheiratet. Man tat sich eben einfach zusammen, wie es auch heute noch üblich ist. Es sollte jedoch wieder eine gewisse Ordnung in das Leben Einzug halten. Doch Sie greift darüber hinaus auch in das Handwerksleben ein.

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Gräfin Aemilie Juliane erläßt Richtlinien zur Wiederherstellung der Landesordnung, 1651
Bild: Sammlung Regionalmuseum
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Erlass der Ordnung über Verlobungen, Hochzeiten, Taufen und Begräbnisse, 1651
Bild: Sammlung Regionalmuseum

Allerdings treten auch Hindernisse finanzieller Art auf. Die Domäne in Frankenhausen hatte kaum noch Vieh, kaum Gespanne, Pferde usw. Dies wurde alles von den Truppen mitgenommen bzw. geraubt. Die Leute mussten demnach selber vor den Pflug und die Felder bestellen. Dieses Vorwerk stand nun größtenteils leer und es war nicht möglich, derartig Landwirtschaft zu betreiben.

Hinzu kommt außerdem, man möchte natürlich schnell alles wieder instand setzen. An der Unterkirche soll z B. ein Turm gebaut werden, der auch die Glocken aufnimmt. Die ehemalige Zisterzienserkirche war ohne Turm.

1654 beginnen die Arbeiten. Doch woher das Baumaterial nehmen? Geld war keines mehr da, um das Material zu bezahlen. Also machte man sich auf nach Seega zur Arnsburg und bediente sich dort. Aber Seega nutzte ebenfalls die Ruine und baute gleichfalls fleißig mit diesen Steinen sein Dorf wieder auf.

Es wird also 1654 verfügt, dass man für den Turmbau der Kirche die Steine vom alten Schloss Arnsburg heranschaffen darf. Wenn man sich den Rest der Arnsburg heute ansieht, so ist man der Bemerkung versucht, dass man den Turm damals auch ein wenig höher hätte bauen können…

Nun kommen aber ein paar clevere Pfänner daher und verkaufen dieser Gräfin Juliane in Rudolstadt, die übrigens Frankenhausen bis dato noch nicht gesehen hatte, eine - heute betrachtet - abstruse Geschichte.

Sie haben vor, nicht so viele Steuern zu zahlen. Nun, das können sie auch nicht. Sie verkaufen ihr also, dass die Oberkirche schief steht, und zwar wegen der Kriegsereignisse. 1653 ist die erste Erwähnung, dass der Turm schief steht, aber wie bereits erwähnt, wegen der Kriegsereignisse. Nicht etwa wegen des Untergrundes. Mit dieser Strategie kommen sie sogar durch bei ihr. 1650 setzen sie doch glatt durch, dass die Schwarzburger auf ihre Hoheit im Salzwerk in der Saline verzichten. Die Pfänner werden Privateigentümer der Saline. Ohne Einfluss der Schwarzburger. - Man sollte jedoch keinen Frankenhäuser allzu lange irgendetwas alleine machen lassen...

Ein Grabstein an der Oberkirche, der leider im Laufe der Zeit sehr stark erodiert ist - er sollte künftig mehr und besser geschützt werden - zeugt allein noch von der damaligen Symbolik der Pfännerschaft. Der Schlüssel zur Saline, und den Pfannhaken als Symbol für die Arbeit. Dieser Grabstein verliert zusehends an Substanz. Es bleibt zu hoffen, dass er eine bedachte Behausung bekommt. Er ist eines der wenigen wichtigen Attribute für unsere Wirtschaftsgeschichte »Salz«.

Nicht nur allein der schiefe Turm der Oberkirche ist wichtig, dieser Stein ist mindestens ebenso bedeutend.

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Portal der ehemaligen Vogtei, um 1910
Bild: Regionalmuseum
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Engel am Portal, durch Sandstrahlen in Mitleidenschaft gezogen, Aufn. 2016
Bild: Regionalmuseum
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Barocke Stuckdecke
Bild: Regionalmuseum
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Aufnahme der Stuckdecke im Jahr 1909
Bild: Regionalmuseum

Außerdem baut man auf einmal in einem bestehenden Bauwerk, in der Klosterstraße 14. Manch einer kennt dieses Gebäude mit dem wunderschönen Portal und dem Engel der das Schwarzburger Wappen hält. Dies war die alte Klostervogtei. In diesem Gebäude entsteht eine neue Kassettendecke, von 1654 bis ca. 1658. Ein Bild aus dem Jahr 1909 veranschaulicht annähernd, wie diese einst ausgesehen haben muss. Man zeigt nun wenige Jahre nach dem Krieg erneut, was man zu bieten hat. Der Wiederaufbau entwickelt sich, man kommt zu Geld, das Leben normalisiert sich wieder ganz allmählich.

Im Schwarzburgischen kommt es außerdem dazu, dass man sich jemanden holt, der sich mit Verhandlungen auskennt, zwischen Kaiserlichen, Schweden und Franzosen. Jener Mann verhandelte für den Herzog Ernst von Sachsen-Gotha, von Schloss Friedenstein. Georg Achatius Heher wird später Kanzler für ganz Schwarzburg. Gräfin Aemilie Juliane holt sich einen Mann mit hohen Erfahrungswerten, damit sie mit den anderen großen Reichstädten auch auf Augenhöhe verhandeln kann. Er war es auch, der auch in Osnabrück mit verhandelt hat.

Wie betrachtet man das alles an unterschiedlichen Orten?

Die Schwedengasse in Frankenhausen hat – auch wenn vielleicht naheliegend - hingegen nichts mit dem 30jährigen Krieg zu tun, sondern sie geht zurück auf den Kronprinzen, dem Urahn des heutigen Schwedischen Königshauses, Jean Baptiste Bernadotte, der mit seinen Schweden im Befreiungskrieg hier in Frankenhausen war. Dessen kranke Schweden vor allem an der Oberkirche behandelt aber auch beigesetzt wurden. Also keine Gedenkstätte bzw. Örtlichkeit für den 30jährigen Krieg.

Das sieht in Artern etwas anders aus. Wie geht man mit einem Gedenkstein um? Er wurde 1945 umgeworfen und ist es auch noch 1956. Es gibt in Artern schon viele Gedenkorte, die dafür sprechen.

In der heutigen Zeit hat sich doch einiges verflüchtigt, aber zu Beginn des 20. Jh. war dies doch noch sehr stark ausgeprägt.

Deswegen hat es große Bedeutung, auf die historischen Ereignisse und eventuelle Parallelen zu heute aufmerksam zu machen, Interesse bei den nachfolgenden Generationen zu wecken und sie auch »mitzunehmen«, weil:

»Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verſtehen und die Zukun geſtalten.«

Dr. U. Hahnemann

 

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