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Oberer Wallgraben

Beitrag aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 2007

Die heutige Straßenbezeichnung Am Wallgraben war nicht ständig so, sondern wechselte von Graben. Wallgraben, Apfelgraben bis zur Wallstraße. Im Jahre 1866 war im Bereich des oberen Wallgrabens, d. h. von der Grabenmühle bis zur Schafsgasse (Manniskestraße), die Stadtmauer noch vollständig erhalten. Lediglich unterhalb der verlängerten Schafsgasse fehlte ein Stück bzw. es standen nur noch Fragmente der ehemaligen Stadtbefestigung. Entlang der Stadtmauer erstreckte sich noch über die heutige Franz-Winter-Straße hinaus, die Zuckerfabrik H. Hornung & Co. In den Folgejahren ist offensichtlich auch im benannten Stück die kleine Wipper verrohrt wurden. Die Zuckerfabrik (etwa 20 m x 45 m Grundfläche) betrieb seit 1867 eine eigene Gasanstalt mit Gasometer und auch ein Wasserreservoir. Trotz dieser und noch weiterer Investitionen in Folge konnte die Zuckerfabrik wirtschaftlich nicht überleben. Für seine Verdienste erhielt August Hornung den Titel Kommerzienrat.

Westlich der Stadtmauer und somit auch des offenen Wipperlaufes befand sich eine städtische Obstwiese, die in alten Unterlagen als stadträtlicher Obstfleck vermerkt ist. Der obere oder nördliche Abschluss bildete die Grabenmühle, die mit dem Wasser der Kleinen Wipper über einen gesonderten Graben vom Bachweg kommend und entlang der Friedhofsmauer verlaufend, versorgt wurde. Ein kleiner unbedeutender Abzweig an der Grabenmühle führte zur städtischen Brauerei und musste in Verantwortung des Brauherrn in den Wintermonaten eisfrei gehalten werden.

Die Westseite des oberen Wallgraben war begrenzt durch die Gärten des Gärtners August Kühlewind und des Geheimkammerrates G. K. Leuckardt. Die Gartenflächen erstreckten sich bis zum Bachweg. Auf dem Kühlewind'schen Grundstück befand sich lediglich eine kleine Gartenlaube. Leuckardts Garten war bereits mit einer Scheune am Bachweg sowie einem Haus am Wallgraben 129 (heute Am Wallgraben 20) bebaut. Das Haus ist von der äußeren Form noch in gleichem Zustand wie damals erhalten.

Der Volksmund berichtet, dass es einstmals ein Gartenhaus der Familie Schall war. Mir ist aus Recherchen bekannt, dass 1897 Oberamtmann August Hornung und seit 1916 Familie Denier die Eigentümer des Hauses waren. Weiterhin stand auf dem Friedhof an der Ecke zum Wallgraben noch ein kleines Wohnhaus, welches in den 1960er Jahren abgerissen wurde. Über das Baujahr der genannten Gebäude kann keine Aussage getroffen werden.

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Die Liegenschaften westlich der Stadtmauer um 1866,
1  Wohnhaus, 2  Grabenmühle, 3  Brauhaus, 4  Leuckardts Scheune, 5  Hornungs Haus
■■■ Gebäudebestand vor 1866
■■■ Bebauung im Jahr 1866
■■■ Obstflächen des Stadtrandes
■■■ Verlauf der Kleinen Wipper und deren Abzweigungen
Bild: Eckhard Pförtner
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Ehemalige Leuckards Scheune, 2007
Bild: Eckhard Pförtner
 
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Hornungs Haus, 2007
Bild: Eckhard Pförtner

Die nachstehend genannten Bauten entstanden in den Folgejahren: Amtsrichter Wissmann, Wallgraben 128a (heute, Am Wallgraben 34), Baujahr 1898 /1/

  • Wallgraben 128a (heute, Am Wallgraben 34), Baujahr 1898 1
  • Rentner Albert Wernitzsch, Wallgraben 128e (heute, Am Wallgraben 36), Baujahr 1901 2
  • Maurermeister Adolf Förderer, Wallgraben ohne Nr. (heute, Am Wallgraben 40), Baujahr 1904 3
  • Knopffabrikant August Schmiedehausen, Wallgraben 129a (heute, Am Wallgraben 16), Baujahr 1897 1
  • Baumeister Louis Henning, Wallgraben 114d (heute, Manniskestraße 6), Baujahr 1875 4

 

Der Eigentümer August Kühlewind bot Teile seines Gartengrundstückes entlang des Bachwegs und des Wallgrabens zum Verkauf und zur Bebauung an. Gottfried Kühlewind lässt 1864 das Eckhaus am Bachweg mit einem Gewächshaus als Seitengebäude gegenüber dem Friedhof errichten. Weitere sechs Einfamilienhäuser mit einem extrem kleinem Garten- und Hofgrundstück folgten im gleichen Jahr. Auf die Bebauung des Bachweges soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.

Das an den Wallgraben angrenzende Teilgrundstück wurde 1866 in sechs Parzellen aufgeteilt und mit angemessenen Hof- und Gartenflächen vermessen und verkauft. Von Norden beginnend erhielt die Eckparzelle der Zimmermeister Eduard Ambach. Der Zimmermeister lässt im gleichen Jahr an das Wohnhaus Wallgraben 135 (heute, Am Wallgraben 4) eine Werkstatt mit Pultdach als Westflügel errichten.5

Bereits 1886 ist die Besitzerin des Hauses Frau Louise Dobry geb. Hinsching, die den gesamten Besitz an Friedrich Hirschfeld und dessen Ehefrau, die auch den Anbau als Eingangsbereich in Richtung Friedhof um die Jahrhundertwende errichten ließen. In der Erbfolge übernahm 1935 der Lehrer Kuno Hirschfeld und 1997 dessen Sohn und ebenfalls Lehrer Hartmut Hirschfeld das Anwesen.

Die Nachbargrundstücke reservierte der Zimmermeister Ambach für den Gesellen W. Schünzel und A. Bock. In den weiteren Bauunterlagen zum Wohnhaus Wallgraben 134 (heute, Am Wallgraben 6) erscheint nur der Name des Maurermeisters W. Schünzel. Derselbe lässt bereits in der Genehmigungsphase einen Anbau vorsehen und auch errichten. Im Jahre 1913 wird der Rentner Heinrodt und danach der Polizist Albert Nauland als Eigentumer erwähnt. 1953 übernimmt die Tochter Marie Vollmar das Wohnhaus. In der Erbtolge wird 1987 Diplomsportlehrer Harald Vollmar (1970 Weltmeister in der Disziplin Freie Pistole) Besitzer des Grundstückes.

Das folgende Gebäude Wallgraben 133 (heute, Am Wallgraben 8) besitzt 1878 der Landratsmeister Kopist W. Bock. 6 Er war damit verantwortlich für die Anfertigung von Abschriften bzw. Vervielfältigungen im Landratsamt Frankenhausen. Im Jahre 1906 bewohnte Wilhelm Karnstedt, damals 2. Bürgermeister unserer Stadt, das Wohnhaus. Aus dem Jahre 1919 ist bekannt, dass der Dentist Artur Franke der Eigentümer des Grundstückes ist. Schließlich kaufte im Jahre 1938 Otto Starkloff das Haus für seine Tochter Margarete Schönberg, in deren Besitz steh das Haus noch heute befindet.

Das nächste Wohnhaus Wallgraben 132 {heute, Am Wallgraben 10) bewohnte 1874 der Rentner Johann August Lehmann. Im Jahre 1906 wird es als Besitz des Lehrers Victor Blau geführt. Bis in die 60er Jahre war das Grundstück Eigentum der Geschwister Rosa und Alma Blau. In der Erbfolge kam das Anwesen in den Besitz von Hildegard Günther, welche das Wohnhaus 1970 an Hans und Edith Rottländer verkaufte und auch bis heute Eigentum der Familie ist.

Das darauffolgende Wohnhaus Wallgraben 131 (heute. Am Wallgraben 12) wurde ebenfalls von Maurermeister Wilhelm Schünzel nach gleichen Bauuntertagen wie Wallgraben 134 errichtet. Bereits 1872 geht das Grundstück an den Lehrer August Schumann über, der im gleichen Jahr den Anbau im Hof zur Vergrößerung der Zimmer errichten lasst.7

Die Witwe Auguste Emilie Marie Schumann verkauft das Anwesen an den Lehrer Karl Friedrich Victor Picht. Offensichtlich erbten 1924 der Sohn Alfred und dessen Frau Maria Picht als Kaufleute in Außig das Grundstück. Schließlich kaufte der Knopffabrikant Theodor Emil August Finke 1933 das Haus. Schon zehn Jahre später stand das Gebäude auf den Namen der Witwe Berta Finke geb. Ehrenberg. Deren Tochter Elli Schweinehagen übernahm 1950 das Anwesen. Im Jahre 1975 kauften Helmut und Ursula Gothe das Grundstück.

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Wohnhaus Am Wallgraben 12 (2007)
Bild: Eckhard Pförtner

 

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...und Am Wallgraben 14
Bild: Eckhard Pförtner

Die letzte Parzelle des Kühlewind'schen Gartens erwarb der Maurermeister Gottfried Barthel, der auch 1840 den städtischen Bierkeller in der Rosengasse gebaut hatte. Barthel erhielt auch am Bachweg Grundstücke, auf denen er Gebäude u. a. in der damals üblichen Lehmbauweise errichtete, im Gegensatz dazu steht das Wohnhaus Wallgraben 130 (heute, Am Wallgraben 14), welches aus Karbonsandstein (Sandsteinbrüche im Forst des Kammtales) gebaut wurde. 8

Es liegt nahe, dass der Forstmeister von Kettelhodt dasselbe für sich bauen ließ und auch unmittelbar nach der Fertigstellung bezogen hat. Südlich neben dem Haus befand sich die auch heute noch erhaltene Toreinfahrt, um den Zugang mit Pferden zu gewährleisten. Danach endete der Kühlewind'sche Besitz. Seit 1874 lebte die Witwe Luise Kettelhodt geb. Sokisch-Scheuereck noch in dem Haus. Seit 1897 gehört das Wohnhaus und auch der südlich angrenzende Garten bis zur Knopffabrik des August Schmiedehausen mit zum Besitz der Forstmeisterswitwe Johanne Richter. Über die weiteren Eigentümer in den Folgejahren wurden keine Recherchen angestellt. Erst aus dem Jahre 1954 ist bekannt, dass Frau Winkler geb. Kannler einen Teil des Gesamtgrundstückes kaufte. Die weiteren Erben und somit Besitzer des Hauses wohnten nicht in der ehemaligen DDR. Dadurch wurde der Gesamtbesitz verwaltet. Im Jahre 1971 erwarben Walter und Ruthgard Kannler das gesamte Anwesen, in deren Besitz es sich bis heute befindet.

Nach der Jahrhundertwende erfolgte die Lückenbebauung am gesamten Wallgraben. Ein großzügig angelegter einseitiger Bürgersteig, jedoch lediglich eine befestigte aber ungepflasterte Straße hielt den Durchgangsverkehr vom Wallgraben fern. Erst in den 70er Jahren erhielt der Straßenbereich eine Asphaltdecke. Wenn auch die Obstbäume am Wallgraben altersbedingt ständig weniger wurden und keine Neupflanzungen erfolgten, bleibt der Wallgraben bis heute eine beliebte und attraktive Wohngegend.

Eckhard Pförtner

Quellennachweis

  1. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/ VIII – 37
  2. Bauakten des Fürstiich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII -44
  3. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII - 50
  4. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII-16
  5. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII -12
  6. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen,
    Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII -19
  7. Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes
    Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen. 1/VIII -18
  8. Stadtverwaltung Bad Frankenhausen, Liegenschaften

 

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