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Frankonia-Automobil-Werke

Beitrag aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 2006

Nur wenigen Frankenhäusern ist bekannt, dass in unserer Stadt eine Autofabrik existierte, in der ein Viersitzer mit 8 – 20 PS 1produziert wurde, der für den Besucherverkehr zum Kyffhäuser eingesetzt werden sollte. 2

Die bereits damals bekannten Autodroschken, wie z.B. Piccolo aus Apolda und dem Wartburg Modell 2 aus Eisenach sind heute noch in Museen zu bewundern.

Diese Entwicklung vollzog sich in einer Zeit der technischen Revolution. In unmittelbarer Umgebung des Kyffhäuser-Technikum, das sich seit 1896 zu einer modernen Lehranstalt emporgearbeitet hatte, die in Europa ein hohes Ansehen erreicht hatte und gewürdigt wurde. In dieser so schnelllebigen Zeit entstand der Gedanke zur Produktion eines Automobils mit Verdeck in der Stadt Frankenhausen.

Über Konstruktionsdetails liegen mir keine Angaben vor. Ein Konsortium, bestehend aus den Herren

  • Albin Weber, Rentier, D – Straße 102 h
  • Herrmann Kuhnen, Ing. a.D., D – Straße 102 h
  • Dr. phil. Max Luxenberg, Ing., Nordhäuser Straße 88 a
  • Carl Reichenbach, Bauunternehmer, Lange Straße 150
  • August Förster, Kaufmann, Erfurter Straße 6
  • Emil Krey, Zigarrenfabrikant, Schafsgasse 115 a
  • Otto Schütze, Brauereibesitzer, Zinkestraße 37,

bildete den Aufsichtsrat, dessen 1. und 2. Vorsitzender Herr Luxenberg und Reichenbach verkörperten.

Den Vorstand der »Frankonia-Automobil-Werke eGmbH« bildeten die zuerst genannten beiden Herren. 4 Insgesamt sind 25 Personen am Unternehmen beteiligt. Während im Spätherbst 1905 noch über den Standort des Fabrikgebäudes verhandelt wurde, erschien Ende Dezember des Jahres die Mitteilung über den Ankauf von Dittrichs Land westlich der Bahnhofstraße und südlich der Hoffmann’schen Scheune. 5

In den ersten Januartagen des Jahres 1906 überschlugen sich die Informationen und Spekulationen. Selbst das Fürstliche Schwarzburgische Ministerium zu Sondershausen fragte im Januar nach, inwieweit Staatsstraßen für Probefahrten als Rennbahn in Anspruch genommen werden und wann wohl die ersten Fahrzeuge das Werk verlassen. Herr Weber als Vorstandsmitglied brachte zum Ausdruck, dass voraussichtlich im August die ersten Automobile fertig gestellt sind. 6

Zu dieser Zeit war die Kyffhäuser-Straße noch gar nicht für den Verkehr freigegeben.

Während Herr Dr. Luxenberg im Wissenschaftlichen Verein der Stadt Frankenhausen aktiv war und über interessante technische Themen referierte, erschien von Herrn Ing. Kuhnen ein neues Patent über Doppelfelgen. Die patentierte Fahrzeugradfelge lässt sich aus zwei Teilen zusammenschrauben und somit einfach und schnell montieren. Die Erfindung war die Voraussetzung für die spätere Erweiterung der Autoräderfabrik (Trokas-Gebäude) am Seegaer Weg. 7

Die Gewerbeanmeldung und Eintragung der Frankonia-Werke in das städtische Register erfolgte am 1.12.1906 mit einem Produktionsbeginn zum 1.07.1906. 8

Am 22.03.1906 wurde die Eintragung im Handelsregister mit einem Grundkapital von 47 000 M erhöht auf den doppelten Betrag. 9 Im Februar (7.02.1907) und auch noch im April (26.04.1907) wurden Schlosser und Monteure für die Fertigung über Annoncen in Frankenhäuser Zeitung gesucht.

Ein Ereignis besonderer Ehre und Freude war der Besuch Seiner Königlichen Hoheit Kronprinz Wilhelm am 5.07.1907 in Frankenhausen. Quartier bezog Hoheit mit Gefolge im Hotel »Zum Mohren« am Anger. Zur Besichtigung waren Barbarossahöhle und Kyffhäuser-Denkmal vorgesehen. Unter den ca. 400 Gästen und Besuchern am Kyffhäuser weilte u.a. auch der Werkmeister der Frankonia-Automobilwerke aus Frankenhausen. Nach Abschluss der Denkmalbesichtigung fuhr derselbe in einem Frankonia-Automobil, begleitet von einem weiteren Fahrzeug gleicher Herkunft sowie einem dritten Auto anderer Bauart in Richtung Frankenhausen.

In der »Kniebreche« (Volksmund auch »Rosinenkurve«) unterhalb des Ratsfeldes ereignete sich ein folgenschwerer Unfall, bei dem der Werkmeister Curt Fickel im Alter von 32 Jahren verstarb. Er galt als ein strebsamer, pflichttreuer und zuverlässiger Mitarbeiter der Frankonia-Automobil-Werke.

Trotz des bedauerlichen Unfalls ist noch anzumerken, dass die Kyffhäuser-Straße für den Autovekehr nicht freigegeben war. Das Landratsamt hatte lediglich die Freigabe erteilt, wenn Hoheit mit Gefolge es wünscht, mit Frankonia-Automobilen gefahren zu werden. 11

Schlussfolgernd muss angenommen werden, dass bereits eine stattliche Anzahl von Fahrzeugen produziert wurde und zur Verfügung stand. Am 1.08.1907 erscheint in der Frankenhäuser Zeitung nochmals eine Annonce über den Verkauf von preisgünstigen Fahrrädern im Frankonia-Automobil-Werk. Aus den mir zugänglichen Quellen konnte ich keine Informationen über den weiteren Wertegang der Firma erhalten. Mit einem Schreiben vom 1.12.1909 erfolgte die Abmeldung der Frankonia-Automobil-Werke mit Wirkung vom 1.07.1909.

War es der Verlust des Werkmeisters oder die schnell voranschreitende technische Entwicklung oder der Konkurrenzkampf oder ... Für Spekulationen soll hier kein neuer Nährboden geschaffen werden. Die Entwicklung des Fahrzeugbaus ging in den nächsten Wochen und Monaten mit gewaltigen Schritten voran. Im deutschen Reich fuhren zum 1.01.07 bereits 27021 Kraftfahrzeuge, wovon 4,5 % für Lastenbeförderung im Einsatz waren. Allein in drei Monaten des Jahres 1906 waren 2290 Unfälle infolge zu hoher Geschwindigkeit zu beklagen. 12

Neben anderen Herstellern machten die Brennabor-Werke von sich Reden. Die 8 PS Fahrzeuge dieses Herstellers hatten ein Gesamtgewicht von 1135 kg und einen außerordentlich niedrigen Verbrauch von 6,03 l/100 km. 13

Auf der Automobilausstellung Ende 1907 in Berlin waren 400 Aussteller vertreten. Parallel zu der Kfz-Entwicklung vollzog sich auch die Ballonfahrt, besonders bekannt durch Graf Zeppelin.

Die genannten Fakten sollen nur noch einmal die sich vollziehende Technisierung nach der Jahrhundertwende allein im Fahrzeugbau verdeutlichen.

Mit dem Niedergang der Frankonia-Automobil-Werke übernahm die Firma G. u. H. Grüber und danach Kitzig & Winter (Ferdinand Kitzig, Heinrich Winter) das Gebäude für eine Metalldreherei. Fassonteile aus Hartgummi und auch Fibre für Elektrotechnik, Telefonbau und Optik wurden hier bearbeitet. 14

Bis 1938 auch als Knopffabrik und nach dem 2. Weltkrieg als Fertigungsstätte des VEB Elektro genutzt, ist es nach 1990 in das Eigentum der Firma Linn übergegangen. Die vorhandenen Gebäude werden derzeit als Lagerräume genutzt.

Der Firma Linn sei an dieser Stelle Dank gesagt für das Entgegenkommen bei der Besichtigung und beim Fotografieren.

Von großem Interesse ist, dass die Originalkonstruktionen noch z.T. vorhanden und als solche zu erkennen sind. Sie sind Zeitzeugen für die Produktionsverhältnisse vor 100 Jahren. Anbauten und ständige Veränderungen entsprechend den Erfordernissen sowie der vorhandenen Möglichkeiten innerhalb eines Jahrhunderts sind gewiss verständlich.

Eckhard Pförtner

Quellennachweis

  1. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1906, vom 07.01.06
  2. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1906, vom 11.11.06
  3. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Fo/CIII – 406
  4. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Adress- und Geschäftshandbuch von Solbad Frankenhausen, Jahrgang II, 1906
  5. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, StA/X 80a, Frankenhäuser Zeitung 1905, vom 29.12.05
  6. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen, 1/ VIII – 50, 1906
  7. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1906, vom 09.12.06
  8. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Gewerbeanmeldungen beim Stadtrat zu Frankenhausen von 1893 – 1927, 1/X-271
  9. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1906, vom 29.03.07
  10. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen, 1/ VIII – 55, 190
  11. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1907, vom 07.07.07
  12. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1907, vom 01.01.07
  13. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Frankenhäuser Zeitung, Jahrgang 1909, vom 08.07.09
  14. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, G/III – 303, Nachrichtenblatt für die Vereinigung ehemaliger Schüler des Realgymnasiums zu Solbad Frankenhausen, 1920, Nr. 2, Max Krebs
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