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Fahrplanstreit

Um das erhöhte Aufkommen an Briefen bewältigen zu können, wurden zahlreiche Briefkästen neu aufgehängt. Allein in Frankenhausen gab es um 1908 insgesamt 20 Briefkästen. Dass es sich um eine recht beachtliche Zahl handelte, wird dadurch deutlich, dass das Stadtgebiet damals flächenmäßig nur etwa halb so groß wie heute war und die Stadt rund 6.500 Einwohner beherbergte.

Die jährlich vereinnahmten Porto- und Telgraphengebühren konnten sich sehen lassen:

1907Porto- und Telgraphengebühren
(Mark)
Briefe und Postkarten
(Stck.)
Pakete
(Stck.)
Frankenhausen 71.008  669.800 43.144
Esperstedt 2.310   5.157
Göllingen 7.249 75.400  
Ringleben   92.300 5.854

Hinzu kamen noch Postsachen mit Wertangaben, die von den Bahnschaffnern extra behandelt werden mussten.
Nicht abreißen wollten die Diskussionen um einen effektiveren Fahrplan nebst guter Anbindung an die Hauptstrecke Richtung Sangerhausen und Erfurt. Das Mühlenbaugeschäft und Sägewerk Julius Landgraf & Sohn, einer der größten damaligen Betriebe in Frankenhausen, bemängelte lautstark die schlechte Anbindung der Kyffhäuserbahn an die Hauptstrecke. Auch die Anbindung ab Hauptbahnhof Sondershausen Richtung Nordhausen war ebenso mangelhaft und inakzeptabel.

Kaliwerk Göllingen hatte präzise Ambitionen

Der Frankenhäuser »Verein für Handel und Gewerbe« sammelte sogar Unterschriften von z.T. namhaften Bürgern von Frankenhausen, die an die Königliche Eisenbahndirektion Erfurt weitergeleitet wurden. Seitens der Geschäftsführung des Kaliwerkes Göllingen wurden dem Frankenhäuser Stadtrat die genauen Wünsche für die Fahrplangestaltung mitgeteilt, damit die Angestellten und Arbeiter des Unternehmens, wenn sie es wünschten, auch ihren Wohnsitz in Frankenhausen nehmen konnten und dennoch pünktlich ihre Arbeitsstelle erreichten. Der Stadtrat verwies hier auf die Zusage der Regierung von Schwarzburg-Rudolstadt, die einheimische Industrie zu fördern und damit Steuern zu vereinnahmen bzw. Löhne und Gehälter zur Umsatzsteigerung im eigenen, kleinen Ländchen beitrügen.

Wiederum benachteiligt gegenüber der Kyffhäuserbahn fühlte sich die Bahnlinie Esperstedt – Oldisleben, die nun ihrerseits bessere Anschlüsse an die Strecke Bretleben – Sondershausen geltend machte. Der nun vorgestellte Fahrplanentwurf, der ab 01.10. 1908 für verbindlich erklärt wurde, sah hinsichtlich der Verbindung Oldisleben – Esperstedt dann wie nachstehend aus:

  Zug-Nr.
   2468
Oldisleben  ab 7.25 10.10 15.10 19.45
Esperstedt an 7.40 10.25 15.25 20.00
         
3579
Esperstedt ab 8.10 11.35 16.20 20.48
Oldisleben an 8.25 11.50 16.35 21.07

Gleichzeitig gab es im November 1909 Hinweise, den Abendzug 21.35 Uhr nach Frankenhausen – Bretleben erst um 23.15 Uhr von Sondershausen abfahren zu lassen, damit es zu Erleichterungen des Besuches der Lohkonzerte kommen könnte...
Die Eisenbahndirektion Erfurt antwortete mit einer Ausflucht. Sie fühlte sich außerstande, den Fahrplan zu ändern, da dieses mit einem nicht zu vertretenden Aufwand verbunden sei.

In Frankenhausen traten schließlich am 25. August 1911 die Vertreter zahlreicher örtlicher Institutionen an den Stadtrat heran, endlich entschiedenen Druck auf die Eisenbahndirektion auszuüben. Unter ihnen befanden sich:

Emil Krey, Landwirt Mitglied der Handelskammer des
Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt
Prof. Siegmund Huppert Direktor des »Kyffhäuser-Technikum Frankenhausen«
H. Sittig Vorstand des Rabatt-Sparvereins
W. Landgraf Vorstand des Kaufmännischen Vereins
R. Bessenrodt Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs und Vorstand der
Pfännerschaft (Saline- und Solbadbetrieb)

Elektrischer Triebwagen: Bretleben - Artern?

Zugleich wurde die wirtschaftliche Lage von Stadt und Umland in einer Petition an die Mitglieder der Handelskammer des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt ausführlich dargelegt. In der Petition wurde darauf verwiesen, dass die wesentlich kleinere Stadt Artern Haltestelle für D- und Eil-Züge sei, jedoch für Reisende aus Richtung Frankenhausen der Anschluss zu wünschen übrig ließe. Es wurde vorgeschlagen, die Fahrgäste mittels eines elektrischen Triebwagens von Bretleben zu ihrem Anschluss nach Artern zu bringen. Der Triebwagen sollte anschließend jeweils in Artern wieder geladen werden.

Die in Sondershausen erscheinende Zeitung »Der Deutsche« wusste hinsichtlich der vielen Beschwerden zu berichten:

Wie uns verert wurde, verfolgt die Eiſenbahnverwaltung bei neuen Bahnlinien ihre ganz beſtimmten Grundſäe, von denen e nit abweit. Dieſe ſoen Unfäe und Störungen vermeiden, den Verkehr zunäſt nit forcieren bis die neue Linie eingefahren iſt und den Bedürfnien des  amählien Verkehr beer zu überauen nd.

Unfallvermeidung wurde bei der Bahn groß geschrieben, führte allerdings manchmal zu einer drastischen Erhöhung der Fahrpreise. Anlässlich der Aufführung der Operette »Die Schöpfung« im Theater Sondershausen sollte die Eisenbahndirektion kurzzeitig einen Sonderzug einsetzen. Auf eine diesbezügliche Anfrage antwortete die Direktion, dass sich der Zug nur bei einer Mindesteinnahme von rund 160 M rentiere. Das bedeutete, jeder Fahrgast musste mindestens 0,80 M entrichten und konnte dann auch nur die III. Klasse benutzen. Der Gesamtrechnungsbetrag war im Voraus - mindestens einen Tag vor der Veranstaltung - zu entrichten. Da die Rückreise jedoch in die Nachtstunden fiel, wo kein normaler Zug mehr verkehrte, waren die Schrankenanlagen nicht mehr besetzt. Für eine nächtliche Extrabesetzung wurden 2 M für den Tarifkilometer veranschlagt, wodurch allein für die Strecke von Frankenhausen bis Sondershausen 36 M zusätzlich fällig wurden. Da sich für die Fahrt zur Aufführung rund 100 Fahrgäste angemeldet hatten, wurde pro Fahrgast nun ein Fahrpreis von 1,80 M erhoben.

Da bei der Königlichen-Preußischen Eisenbahn fast jede Kleinigkeit reglementiert wurde, blieben davon auch die Bahnhofswirtschaften nicht ausgenommen. Um die Bedienung der Fahrgäste – zumeist während der Zugpausen bzw. Aufenthalte – zu beschleunigen, wurde angeordnet:

Preiſe für Speiſen und Getränke deutli tbar an Tafeln anbringen und das zeitweilige Aufſteen von Tien zu gewährleiſten.

Im Jahre 1909 wurde sich jeder bewusst, dass die Strecke nicht nur entlang der romantisch dahin fließenden »Großen Wipper« verlief, sondern auch von deren Tücken betroffen sein konnte. Erstmals waren größere Schäden durch Hochwasser zu verzeichnen, die allerdings recht zügig behoben werden konnten. Im gleichen Jahr entgleiste auf dem Teilstück zwischen Göllingen und Hachelbich ein Zug. Ursache war die Verschüttung eines Gleises durch vom Hochwasser angeschwemmten Sand und Schlamm.

Ebenso wurden in den Jahren 1908/1909 Wagen der IV. Klasse eingeführt, die sich sogar »vorzüglich« bewährt haben sollen. Sie besaßen großen, vollkommen herabzulassende Fenster und die Sitzbänke wurden quer eingebaut. Da sie dennoch über Toiletten und Waschvorrichtungen verfügten, ließen sie sich recht schnell zu Wagen der III. Klasse umrüsten.

Zudem verschwanden die Markenzeichen der Zugbegleiter - die roten Taschen. Diese wurden durch das rote Zugführerband ersetzt.
Im Jahre 1908 wurden schließlich alle großen, in Deutschland existierenden Eisenbahngesellschaften zusammengefasst, wodurch deren Verwaltung und die Beschaffung von Lokomotiven, Personen- und Güterwagen sowie Zubehör eine erhebliche Vereinfachung erfuhren.

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