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Zur Linde (Seeh.)

Damit wechseln wir zu einem weiteren Seehäuser Gasthaus, nämlich zum Gasthaus »Zur Linde«.

Das Foto (Bild 1) ist jüngeren Datums - die Schänke ist wesentlich älter. Dabei müssen wir zurück bis etwa in die Zeit des deutsch-französischen Krieges.

Am 5. Mai 1872 wird das Gasthaus »Zur Linde« durch Bäckermeister Mohrig aus Ringleben, einen Zugewanderten eröffnet. Das Gasthaus selbst war zuvor ein Bäuerliches Anwesen, Ackerwirtschaft, Haus und Hof. Der Besitzer war ein Herr Räuber.

Lage des Gasthauses »Zur Linde« (sowie der anderen Gasthäuser)
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(1) Frontseite, um 1900,
Bild: Regionalmuseum

Von der Kirche aus, durch den Ort hindurch, hinaus in Richtung Oldisleben, ist die Wirtschaft wahrlich direkt in der großen Kurve Ortsausgang gelegen, eine strategisch sehr günstige Lage. Direkt an einer Hauptverkehrsader und damit auch für diejenigen, die Gastronomie nutzen bzw. unterwegs mal Halt machen wollen, bestens geeignet.

Noch im Jahr 1872 organisierte Mohrig ein Scheibenschießen in der Gaststätte, und bereits ein Jahr später besaß die Gastronomie darüber hinaus eine Kegelbahn, denn - so eine Anzeige - ein Schwein wurde ausgekegelt, wobei das Schwein nicht als Ganzes dem Sieger zufiel, sondern zerlegt in mehrere Teile, je nachdem, welche Platzierung vergeben wurde. Der Letztplatzierte erhielt aus Spaß möglicherweise nur den Schwanz…

Später wurde das Gebäude dann ebenfalls ausgebaut z.B. als Schafstall oder auch zur Unterbringung von Landarbeitern, die während der Sommer- und Herbstmonate, in der Erntezeit, dann Vorort angestellt waren. Es gab also einen wirtschaftlichen Betrieb bereits im Vorfeld, aber die Lage im Ort war darüber hinaus natürlich vorteilhaft.

Hier etwas Dorfidylle (Bild 3). Gruß aus Seehausen. Wir blicken auf den Teil der fürstlich-schwarzburgischen Domäne außerdem auf die Kirche mit der Pfarrei, einschließlich das Gasthaus »Zur Linde«, und sogar einen Teil der Schule.

Am 1. Dezember 1879 wird das Anwesen erworben durch den Bäckermeister Franz Wedekind, dessen Vater in den napoleonischen Kriegen Kolonnenfuhrmann gewesen war und später als Landarbeiter in Seehausen ansässig wurde. Von nun an bleibt die »Linde« für mehr als 80 Jahre in Familienbesitz und wird demnach für viele Jahrzehnte durch die Familie Wedekind und Nachfahren betrieben.

Der Bäckermeister Frank Wedekind hatte durchaus große Erfahrungen. Er war als Bäcker von 1865 bis 1872 auf Wanderschaft in Russland unterwegs. Und - vielleicht am interessantesten - er war bis nach St. Petersburg und Moskau unterwegs. Er ist demzufolge relativ stark rumgekommen und brachte natürlich entsprechende Erfahrungen mit, die ihm bei der Betreibung der Einrichtung gewiss von Vorteil waren.

Der Gastronomie waren damals angeschlossen eine Bäckerei, zeitweilig auch eine Fleischerei und auch eine Materialwarenhandlung. Das bedeutet, man hat sich rundum ein solides Standbein aufgebaut, natürlich war die Gastronomie ein wichtiges Standbein, aber auch die anderen »Ressorts« sorgten dafür, dass das Ganze auch im Gange blieb.

Ab 1905 wurde die Gaststätte von Frank Wedekinds Sohn, Karl, als Pächter übernommen, bis sie nach den Ableben des Vaters auf ihn als Erben überging. Mit der Übernahme durch Sohn Karl gab es wiederum mehr Veranstaltungen für Einheimische und Gäste. So wurden u.a. Hasen und Enten ausgespielt, fanden Preisskat, Tanzvergnügen und Bockbierfeste statt.

Besucht wurde das Gasthaus freilich auch von den ortsansässigen Vereinen. Denkt man nur an Seehausens Turnverein, aber es wurde auch zu allen möglichen Festen in Seehausen genutzt. Sowohl die »Schänke«, als auch das Gasthaus »Zur Linde« hatten immer auch ihren entsprechenden Besuch, durch die ganzen Festivitäten, die es innerhalb des kleinen Dorfes geben konnte. Ob nun vereinsgeführte oder gemeindegeführte Veranstaltungen, sie belebten das Geschäft doch sehr stark.

Dieses Bild (Bild 4) haben wir dem kleinen Büchlein »900 Jahre Seehausen« entnommen. Jene, die von dort stammen, kennen das recht gut, nämlich vor der Gastwirtschaft. Im Vordergrund die Durchgangsstraße durch Seehausen.

Zwischen 1920 und 1930 wurde sogar eine Zapfsäule für Benzin installiert (Bild 5). Damit verfügte man folglich über eine zusätzliche Einnahmequelle. Zu dieser Zeit wird auch von einem Saal in der Gastwirtschaft berichtet. Man sieht: sehr viel Bewegung, ist schließlich reichlich Platz vor dem Gebäude vorhanden. ... mit von der Partie: ein paar kleine »Seehisser«.

Im August 1980 trennen sich dann die Nachfahren der Familie Wedekind von der Gastronomie. Diese wird aber trotzdem noch durch die Nachfolger weitergeführt. Zwar wurde dann am 7. August 1980 das Gasthaus »Zur Linde« von Günter und Erika Lange gekauft, jedoch veräußerten beide das Anwesen bereits nach nicht einmal einem Jahr, wegen familiären und finanziellen Gründen an Herrn Dieter Kühn und seiner Ehefrau Margarete, geborene Bollmann.

Deren Geschäftseröffnung erfolgte schließlich am 9. Juni 1981. Bis Anfang September 1995 betrieben sie noch das Gasthaus »Zur Linde«, bis sie das Gaststättengewerbe aus Altersgründen und vor allem aus wirtschaftlichen Aspekten aufgaben.

Eine weitere Besonderheit: das Gasthaus war eines der wenigen, welches nicht in die Hände der Handelsorganisation (HO) oder der Konsumgenossenschaft fiel, sondern die ganze Zeit über in Privatbesitz blieb. Ein gewiss nicht ganz unkompliziertes Unterfangen zu DDR-Zeiten.

1995 ist dann mit der Gastronomischen Einrichtung endgültig Schluss. Man sieht zwar noch das Gebäude (Bild 6), aber nun bereits zum Wohnhaus umfunktioniert. Insofern endet hier auch in Seehausen eine lange Tradition mit der Gastronomie.

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