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Das Chausseehaus

Mag der historische Begriff für das Gebäude nur noch wenigen bekannt sein, dass Haus kennt mit Sicherheit jeder in Bad Frankenhausen. Sein Standort an der Kreuzung von Kyffhäuser, Seehäuser und Esperstedter Straße erscheint aus heutiger Sicht eher unpassend, zur Bauzeit war der Bauplatz allerdings mit Bedacht gewählt worden. Inzwischen unbewohnt, erfüllte sein Inneres einst geschäftiges Treiben. Handelte es sich doch um eine der beiden bedeutenden Chausseegeldeinnahmestellen in der Nähe des alten Stadtkernes. Chausseegeldeinnahmestelle oder einfach Chausseehaus genannt, klingt ungewöhnlich. Heute würde man es als Mautstelle oder Mautstation bezeichnen und spätestens jetzt weiß ein jeder, was gemeint ist, denn schließlich ist der Begriff Lkw-Maut zurzeit in aller Munde.

Es war der 23. November 1853, als das Fürstliche Ministerium der Finanzen in Rudolstadt unter regentsachaft von Fürst Friedrich Günthers (reg. 1814-1867) den für die gesamte Schwarzburg-Rudolstädtische Unterherrschaft Frankenhausen, die seinerzeit auch die Orte Schlotheim, Immenrode und Straußberg einschloss, zuständigen Architekten Baurat Junot mit der Planung eines neuen Chausseehauses beauftragte. In Rudolstadt hatte man es mit der Errichtung des Gebäudes sehr eilig. Die Fürstliche Straßenbaudirektion hatte bereits gemeldet, dass im August 1854 mit der Fertigstellung der neuen Chaussee zwischen Esperstedt und Frankenhausen zu rechnen sei. Der Neubau machte sich notwendig, da der Braunkohlenbergbau in den Gruben zwischen Esperstedt und Udersleben zu florieren begann.

Immer mehr Gewerbe wie die Frankenhäuser Zuckerfabrik und die Pfännerschaft (Salzsieder), aber auch Privatleute griffen auf die Kohle als Heizmittel zurück. Es wurde im Ministerium in Rudolstadt mit einer starken Zunahme an Gütertransporten auf der oben genannten Chaussee gerechnet. Eine Zunahme an Pferdefuhrwerken könnte natürlich auch zur Aufbesserung der Staatseinnahmen beitragen, dachten sich die Beamten. Abkassiert werden sollten die Fuhrunternehmer an der Straßenkreuzung bei Frankenhausen. Doch Baurat Junot ließ sich mit der Einreichung von Entwürfen Zeit.

Im Juni 1854 erreichte ihn eine unmissverständliche Mahnung aus Rudolstadt und noch im gleichen Monat legte er zwei Bauzeichnungen und einen Kostenanschlag in Höhe von 1.200 Taler vor. Die Auswahl des auszuführenden Entwurfes nahm Fürst Friedrich Günther persönlich vor. Gleichzeitig wies er das Ministerium an, dass die Baukosten 1.100 Taler nicht überschreiten dürften. Kurz darauf stellte man fest, dass die Baukosten für das laufende Jahr 1854 nicht mehr verfügbar seien. Dennoch wurde Baurat Junot am 25. August 1854 der Bauauftrag erteilt, die Ausführung in wesentlichen Teilen aber auf 1855 verschoben.

Da Junot die finanziellen Mittel für den vom Fürsten gewählten Entwurf als unzureichend bezeichnet hatte, wurden die Mittel noch im November des Jahres auf 1200 Taler erhöht. Junot, der bereits mit der Beschaffung der Baumaterialien begonnen hatte, erreichte wenig später die Anordnung, die Ausführung des Baues sei im Haushalt 1855 gestrichen worden. Erst im Februar 1855 wurde diese Anordnung wieder aufgehoben und die endgültige Ausführung genehmigt. Inzwischen hatte man im Ministerium die Einnahmeausfälle bei einer weiteren Verzögerung gegen die Baukosten hochgerechnet und festgestellt, das erstere beträchtlich waren.

Ursprünglich befand sich das Gebäude auf der östlichen Seite des Schlossplatzes (heute Kreuzung). In der zweiten Hälfte des 20. Jh. hat sich der Name Schlossplatz für den ehemals zwischen Schloss und Platz (Kreuzung) gelegenen Schlossgarten eingebürgert, dessen einstige Gestaltung heute nur noch in Umrissen erkennbar ist. Der Schlosspark war öffentlich zugänglich, wurde jedoch in den Abend- und Nachtstunden geschlossen. Die Funktion des Parkwächters hatte zugleich der Schlossgärtner inne. Sein Dienstgebäude stand und steht nördlich des Schlosses und ist heute ein privates Wohnhaus.

 Am 30. Oktober 1855 war es dann so weit und der in Frankenhausen amtierende zuständige Vertreter des fürstlichen Finanzministeriums übergab dem aus der Altstadt stammenden Chausseegeld-Erheber Muth das Haus als Wohn- und Arbeitsstätte. Von diesem Tag an füllten die Einnahmen die Staatskasse. Erst im Deutschen Kaiserreich nach 1871 verlor die Hebestelle ihre Bedeutung, nachdem neue Verordnun¬gen über die Straßennutzung erlassen worden waren. Chausseegeld-Einnehmer Muth versah seinen Dienst bis 1880. Während das Chausseehaus heute innerhalb der Stadtgrenzen von Bad Frankenhausen steht, gehörte es von seiner Erbauung bis zum 31.12.1889 zur Altstadt. 

Der Standort war mit Bedacht ausgesucht wor¬den. Das Ministerium stärkte damit die wirtschaftliche Position der Altstadt gegenüber der Stadt Frankenhausen, die schon lange mit dem Gedanken spielte, diese zu vereinnahmen. Deshalb war der Chausseegeld-Erheber nach damaligen Sprachgebrauch auch kein Frankenhäuser, sondern ein Altstädter. Bis zu diesem Zeitpunkt war die unter der Aufsicht der schwarzburgischen Landesbehörden stehende Erhebung des Chausseegeldes allein Angelegenheit der Stadt Frankenhausen gewesen. Erhoben wurden die Gelder an den jeweiligen Stadttoren.

Mit der einsetzenden Industrialisierung und der darauf folgenden Stadterweiterung verloren die bisherigen Stadtgrenzen ihre Bedeutung. Teile der Stadtmauer und der Stadttore wurden niedergerissen, um Neubau¬ten Platz zu machen. Für die Landesbehörden war klar, die Erhebung konnte nur weit außerhalb der alten und neuen Stadtgrenzen erfolgen, wobei die Wahl auf die Kreuzung fiel. Erst mit dem Verlust der Eigenständigkeit der Altstadt 1890 und ihrer Eingliederung ins Stadtgebiet kam das Chausseehaus zum Stadtgebiet hinzu. Als sprudelnder Finanzquell verlor es jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits an Bedeutung, als Wohnhaus war es jedoch weiterhin gefragt.

Dr. Ulrich Hahnemann

Quellen- und Literaturangaben

Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt: Bestand Bauamt Frankenhau¬sen Nr. 91: Das neue Chausseehaus bei Frankenhausen 1853 -1903

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